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Die Erdatmosphäre besteht hauptsächlich aus Stickstoff (78%), Sauerstoff (21%) und Edelga¬sen. Obwohl Partikel weniger als 0,1% ausmachen, spielen sie eine entscheidende Rolle in der Chemie und Physik der Atmosphäre, da sie das Klima der Erde sowohl direkt als auch indirekt beeinflussen. Je nach Art der Bildung unterscheidet man zwischen primären und sekundären Partikeln, wobei primäre Partikel direkt in die Atmosphäre eingetragen werden. Sekundäre Partikel hingegen entstehen durch Kondensation von schwerflüchtigen Verbindungen aus der Gasphase, welche durch Reaktionen von gasförmigen Vorläufersubstanzen (volatile organic compounds, VOCs) mit atmosphärischen Oxidantien wie Ozon oder OH-Radikalen gebildet werden. Da die meisten Vorläufersubstanzen organischer Natur sind, wird das daraus gebil¬dete Aerosol als sekundäres organisches Aerosol (SOA) bezeichnet. Anders als die meisten primären Partikel stammen die VOCs überwiegend aus biogenen Quellen. Es handelt sich da¬bei um ungesättigte Kohlenwasserstoffe, die bei intensiver Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen von Pflanzen emittiert werden. Viele der leichtflüchtigen Vorläufersubstanzen sind chiral, sowohl die Vorläufer als auch die daraus gebildeten Partikel werden aber in den meisten Studien als eine Verbindung betrachtet und gemeinsam analysiert. Die mit Modellen berechneten SOA-Konzentrationen, welche auf dieser traditionellen Vorstellung der SOA-Bil¬dung beruhen, liegen deutlich unterhalb der in der Atmosphäre gefundenen, so dass neben diesem Bildungsweg auch noch andere SOA-Bildungsarten existieren müssen. Aus diesem Grund wird der Fokus der heutigen Forschung vermehrt auf die heterogene Chemie in der Partikelphase gerichtet. Glyoxal als Modellsubstanz kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Es handelt sich bei dieser Verbindung um ein Molekül mit einem hohen Dampfdruck, das auf Grund dieser Eigenschaft nur in der Gasphase zu finden sein sollte. Da es aber über zwei Alde¬hydgruppen verfügt, ist es sehr gut wasserlöslich und kann dadurch in die Partikelphase über¬gehen, wo es heterogenen chemischen Prozessen unterliegt. Unter anderem werden in An¬wesenheit von Ammoniumionen Imidazole gebildet, welche wegen der beiden Stickstoff-He¬teroatome lichtabsorbierende Eigenschaften besitzen. Die Verteilung von Glyoxal zwischen der Gas- und der Partikelphase wird durch das Henrysche Gesetz beschrieben, wobei die Gleichgewichtskonstante die sogenannte Henry-Konstante ist. Diese ist abhängig von der un¬tersuchten organischen Verbindung und den im Partikel vorhandenen anorganischen Salzen. Für die Untersuchung chiraler Verbindungen im SOA wurde zunächst eine Filterextraktions¬methode entwickelt und die erhaltenen Proben anschließend mittels chiraler Hochleistungs-Flüssigchromatographie, welche an ein Elektrospray-Massenspektrometer gekoppelt war, analysiert. Der Fokus lag hierbei auf dem am häufigsten emittierten Monoterpen α-Pinen und seinem Hauptprodukt, der Pinsäure. Da bei der Ozonolyse des α-Pinens das cyclische Grund¬gerüst erhalten bleibt, können trotz der beiden im Molekül vorhanden chiralen Zentren nur zwei Pinsäure Enantiomere gebildet werden. Als Extraktionsmittel wurde eine Mischung aus Methanol/Wasser 9/1 gewählt, mit welcher Extraktionseffizienzen von 65% für Pinsäure Enan¬tiomer 1 und 68% für Pinsäure Enantiomer 2 erreicht werden konnten. Des Weiteren wurden Experimente in einer Atmosphärensimulationskammer durchgeführt, um die Produkte der α-Pinen Ozonolyse eindeutig zu charakterisieren. Enantiomer 1 wurde demnach aus (+)-α-Pinen gebildet und Enantiomer 2 entstand aus (-)-α-Pinen. Auf Filterproben aus dem brasilianischen Regenwald konnte ausschließlich Pinsäure Enantiomer 2 gefunden werden. Enantiomer 1 lag dauerhaft unterhalb der Nachweisgrenze von 18,27 ng/mL. Im borealen Nadelwald war das Verhältnis umgekehrt und Pinsäure Enantiomer 1 überwog vor Pinsäure Enantiomer 2. Das Verhältnis betrug 56% Enantiomer 1 zu 44% Enantiomer 2. Saisonale Verläufe im tropischen Regenwald zeigten, dass die Konzentrationen zur Trockenzeit im August höher waren als wäh¬rend der Regenzeit im Februar. Auch im borealen Nadelwald wurden im Sommer höhere Kon¬zentrationen gemessen als im Winter. Die Verhältnisse der Enantiomere änderten sich nicht im jahreszeitlichen Verlauf. Die Bestimmung der Henry-Konstanten von Glyoxal bei verschiedenen Saataerosolen, nämlich Ammoniumsulfat, Natriumnitrat, Kaliumsulfat, Natriumchlorid und Ammoniumnitrat sowie die irreversible Produktbildung aus Glyoxal in Anwesenheit von Ammoniak waren Forschungs¬gegenstand einer Atmosphärensimulationskammer-Kampagne am Paul-Scherrer-Institut in Villigen, Schweiz. Hierzu wurde zunächst das zu untersuchende Saataerosol in der Kammer vorgelegt und dann aus photochemisch erzeugten OH-Radikalen und Acetylen Glyoxal er¬zeugt. Für die Bestimmung der Glyoxalkonzentration im Kammeraerosol wurde zunächst eine beste¬hende Filterextraktionsmethode modifiziert und die Analyse mittels hochauflösender Mas¬senspektrometrie realisiert. Als Extraktionsmittel kam 100% Acetonitril, ACN zum Einsatz wo¬bei die Extraktionseffizienz bei 85% lag. Für die anschließende Derivatisierung wurde 2,4-Di¬nitrophenylhydrazin, DNPH verwendet. Dieses musste zuvor drei Mal mittels Festphasenex¬traktion gereinigt werden um störende Blindwerte ausreichend zu minimieren. Die gefunde¬nen Henry-Konstanten für Ammoniumsulfat als Saataerosol stimmten gut mit in der Literatur gefundenen Werten überein. Die Werte für Natriumnitrat und Natriumchlorid als Saataerosol waren kleiner als die von Ammoniumsulfat aber größer als der Wert von reinem Wasser. Für Ammoniumnitrat und Kaliumsulfat konnten keine Konstanten berechnet werden. Alle drei Saataerosole führten zu einem „Salting-in“. Das bedeutet, dass bei Erhöhung der Salzmolalität auch die Glyoxalkonzentration im Partikel stieg. Diese Beobachtungen sind auch in der Litera¬tur beschrieben, wobei die Ergebnisse dort nicht auf der Durchführung von Kammerexperi¬menten beruhen, sondern mittels bulk-Experimenten generiert wurden. Für die Trennung der Imidazole wurde eine neue Filterextraktionsmethode entwickelt, wobei sich ein Gemisch aus mit HCl angesäuertem ACN/H2O im Verhältnis 9/1 als optimales Extrak¬tionsmittel herausstellte. Drei verschiedenen Imidazole konnten mit dieser Methode quanti¬fiziert werden, nämlich 1-H-Imidazol-4-carbaldehyd (IC), Imidazol (IM) und 2,2‘-Biimidazol (BI). Die Effizienzen lagen für BI bei 95%, für IC bei 58% und für IM bei 75%. Kammerexperimente unter Zugabe von Ammoniak zeigten höhere Imidazolkonzentrationen als solche ohne. Wurden die Experimente ohne Ammoniak in Anwesenheit von Ammoni¬umsulfat durchgeführt, wurden höhere Imidazol-Konzentrationen gefunden als ohne Ammo¬niumionen. Auch die relative Luftfeuchtigkeit spielte eine wichtige Rolle, da sowohl eine zu hohe als auch eine zu niedrige relative Luftfeuchtigkeit zu einer verminderten Imidazolbildung führte. Durch mit 13C-markiertem Kohlenstoff durchgeführte Experimente konnte eindeutig gezeigt werden, dass es sich bei den gebildeten Imidazolen und Glyoxalprodukte handelte. Außerdem konnte der in der Literatur beschriebene Bildungsmechanismus erfolgreich weiter¬entwickelt werden. Während der CYPHEX Kampagne in Zypern konnten erstmalig Imidazole in Feldproben nach¬gewiesen werden. Das Hauptprodukt IC zeigte einen tageszeitlichen Verlauf mit höheren Kon¬zentrationen während der Nacht und korrelierte signifikant aber schwach mit der Acidität und Ammoniumionenkonzentration des gefundenen Aerosols.
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Arnt van Tricht, gest. 1570, unterhielt bis in die späten 50er Jahre des 16. Jahrhunderts, wahrschein-lich aus Antwerpen kommend, in Kalkar am Niederrhein eine sehr erfolgreiche Werkstatt. Die bis dahin vorherrschende spätgotische Formensprache der langjährig ansässigen Bildhauer löste er durch die der Renaissance ab, führte jedoch deren Arbeitsfelder und Materialwahl weiter. Arnt van Tricht schuf Arbeiten sowohl religiöser als auch profaner Natur innerhalb des Gebiets der damals sehr bedeutenden Vereinigten Herzogtümer Kleve-Mark-Jülich-Berg und Geldern. Seine wohlhabenden Auftraggeber entstammten dem Klerus, der Bürgerschaft und dem Adel.rnIm Rahmen der Arbeit zeigte sich, dass sich für den Künstler die Verlegung der herzoglichen Residenz nach Düsseldorf und der wirtschaftliche Niedergang der Region letztlich stärker auswirkte als die religiösen Veränderungen durch die Reformation.rnArnt van Tricht schuf die meisten seiner religiösen Bildwerke für die Stiftskirche St. Viktor in Xanten, die durch die Bürgerschaft ausgestattete Pfarrkirche von St. Nicolai in Kalkar und umliegende Gemeinden. Einzelne Stücke sind, wohl über familiäre Verflechtungen vermittelt, in einem weiteren Radius zu finden. Van Tricht arbeitete Schnitzretabel mitsamt ihrer ornamentalen und figuralen Aus-stattung sowie Skulpturen(-gruppen) in Eichenholz. Daneben finden sich im Werk zahlreiche in Sandstein gearbeitete Skulpturen, die teilweise an Pfeilern und Portalen der Kirchen architektur-gebunden sind. Neben diesen rundplastischen Werken schuf Arnt van Tricht eine große Anzahl an steinernen Reliefarbeiten. Hierbei nehmen die überwiegend für die lokalen Kanoniker gearbeiteten Epitaphien mit biblischem Reliefbild in Ornamentrahmen den größten Teil ein.rnEin zweiter, gleichwertiger Werkkomplex, überwiegend in Sandstein gearbeitet, ist profaner Natur und fällt durch die Größe der Aufträge ins Gewicht. Arnt van Tricht war an einigen groß angelegten Modernisierungsprojekten an Stadthäusern und Kastellen des lokalen Adels beschäftigt. Für mehrere aufwendig gestaltete Fassadendekorationen arbeitete er Architekturglieder mit figürlicher Darstellung oder Ornament, Büsten und freiplastische Skulpturen. Arnt van Tricht war aber auch an der Aus-gestaltung der Innenräume beteiligt. Aufwendig skulptierte und reliefverzierte Kaminverkleidungen stehen dabei neben reduzierteren Arbeiten für offensichtlich weniger repräsentative Räume. Neben in Eichenholz gearbeiteter Vertäfelung schuf Arnt van Tricht hölzerne figurale Handtuchhalter. Diese zeigen, wie auch die Reliefbilder der Kamine, die darüber hinaus Wappen und Porträts der Bauherren aufnehmen, eine religiöse oder profane, auch antikisierende Thematik, bei der ein moralisierender Unterton mitschwingt.rnIn dieser Arbeit werden erstmals alle Werkstücke des Künstlers zusammengeführt dargestellt, so dass ein Werkkatalog mit einem Überblick über das sehr breit gefächerte Spektrum des Opus Arnt van Trichts vorliegt. Häufig durch bloße Nennung mit Arnt van Tricht in Verbindung gebrachte Arbeiten werden bewertet und die Zu- oder Abschreibung begründet. Auch können einige Stücke neu zugeschrieben werden.
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Liquids and gasses form a vital part of nature. Many of these are complex fluids with non-Newtonian behaviour. We introduce a mathematical model describing the unsteady motion of an incompressible polymeric fluid. Each polymer molecule is treated as two beads connected by a spring. For the nonlinear spring force it is not possible to obtain a closed system of equations, unless we approximate the force law. The Peterlin approximation replaces the length of the spring by the length of the average spring. Consequently, the macroscopic dumbbell-based model for dilute polymer solutions is obtained. The model consists of the conservation of mass and momentum and time evolution of the symmetric positive definite conformation tensor, where the diffusive effects are taken into account. In two space dimensions we prove global in time existence of weak solutions. Assuming more regular data we show higher regularity and consequently uniqueness of the weak solution. For the Oseen-type Peterlin model we propose a linear pressure-stabilized characteristics finite element scheme. We derive the corresponding error estimates and we prove, for linear finite elements, the optimal first order accuracy. Theoretical error of the pressure-stabilized characteristic finite element scheme is confirmed by a series of numerical experiments.
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Diese Masterarbeit wurde im Rahmen des Projekts Language Toolkit erarbeitet, das von der Handelskammer Forlì-Cesena in Zusammenarbeit mit der Scuola di Lingue e Letterature, Traduzione e Interpretazione von Forlì organisiert wurde. Dank dieses Projekts wurde es mir ermöglicht ein 300-stündiges Praktikum bei dem Unternehmen U.Emme in Modigliana (FC) zu absolvieren. Da dieses Unternehmen international sehr aktiv ist, haben sie sich dazu entschieden, ihre Geschäftstexte übersetzen zu lassen. Für diese Masterarbeit wurde die Preisliste von U.Emme aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt. In der Masterarbeit werden der Übersetzungsprozess und die Übersetzung selbst analysiert. Die Analyse beginnt mit der Erläuterung der Kommunikationssituationen des Ausgangs- und des Zieltextes. Dazu wurden zunächst die generellen Merkmale des Texts ergründet, wie Textsorte und –typ, und dann die textexternen und textinternen Charakteristika. Da es sich bei dem Ausgangstext um einen technischen Text handelt, werden auch kurz die allgemeinen Merkmale der Fachsprachen analysiert. Es wurde außerdem eine lexikalische, syntaktische und terminologische Recherche vorgenommen. Zu diesem Zweck wurde ein Korpus gebildet. Außerdem wurde ein Termbase erstellt, um die wichtigsten Fachwörter festzuhalten. Bei der Erstellung terminologischer Ressourcen ist es wichtig, zwischen punktueller und systematischer Terminologiearbeit zu unterscheiden. Die Terminologiearbeit für diesen Text wurde punktuell durchgeführt, das heißt, ohne das gesamte Fachgebiet zu erforschen. Für die Übersetzung selbst wurde SDL Trados Studio 2011 benutzt. Darüber hinaus werden die hauptsächlichen Übersetzungsschwierigkeiten geschildert, die vor allem terminologischer Natur waren. Es wird auch allgemein die Bedeutung der technischen Übersetzung unterstrichen, die in der Zeit der Globalisierung stets gestiegen ist. Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen U.Emme hat sich als eine sehr positive Erfahrung herausgestellt, die es mir ermöglicht hat, meine organisatorischen, sowie meine kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern. Außerdem hat mir das Praktikum die Möglichkeit geboten, einen realen Beitrag zur Internationalisierung des Unternehmens zu leisten.
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Die optimale Gestaltung logistischer Systeme und Prozesse bekommt eine immer größere Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Für Einzelkomponenten von Materi-alflusssystemen sind neben exakten analytischen Verfahren auch Näherungslösungen und Ersatzmodelle in Form von Polynomen, neuronalen Netzen oder zeitdiskreten Verfahren vorhanden, mit denen eine gute Nachbildung des Verhaltens dieser Komponenten möglich ist. Ziel des Baukastensystems ist es, für diese Vielzahl von Methoden mit ihren spezifischen Ein- und Aus-gangsgrößen eine übergeordnete, einheitliche Kommunikations- und Datenschnittstelle zu definieren. In einem grafischen Editor kann ein Modell eines Materialflusssystems aus solchen Bausteinen gebildet und parametriert werden. Durch Verbindungen zwischen den Bausteinen werden Informationen ausge-tauscht. Die Berechnungen der Bausteine liefern Aussagen zu Auslastungen, Warteschlangen bzw. Warte-zeiten vor den Bausteinen sowie Flussgrößen zur Beschreibung der Abgangströme. The optimal arrangement of logistical systems and operations gets an increased importance for the economicalness and competitiveness of enterprises. For individual components of material flow systems there are also existing approximate solutions and substitute models besides exact analytical calculations in the form of polynomials, neural nets or time-discrete analysis which allows a good analytical description of the behaviour of these components. It is aim of the module system to define a superordinate and unified communication and data interface for all of these variety of methods with her specific input and output quantities. By using a graphic editor, the material flow system can be modelled of such components with specified functions and parameters. Connections between the components allows exchange of information. The calculations of the components provide statements concerning utilization, queue size or waiting time ahead of the components as well as parameters for the description of the departure process. Materialflusssysteme sind Träger innerbetrieblicher Transportprozesse und elementarer Bestandteil logistischer Systeme. Die optimale Gestaltung logistischer Systeme und Prozesse bekommt eine immer größere Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Die effiziente Dimensionierung von Materialflusssystemen ist für Planer, Hersteller und Betreiber solcher Anlagen von grundsätzlicher Bedeutung. Für viele bei der Planung materialflusstechnischer Anlagen auftretende Fragestellungen steht noch immer kein Berechnungsverfahren oder -werkzeug zur Verfügung, welches allen drei folgenden Anforderungen gleicherma-ßen gerecht wird: Die Handhabung soll einfach, unkompliziert und schnell sein. Die Berechnungsergebnisse sollen eine hohe Genauigkeit haben. Die Berechnung soll allgemein gültige Ergebnisse liefern. Dabei handelt es sich um Fragestellungen, die durchaus grundlegender Natur sind. Beispielsweise nach den (statistisch) zu erwartenden minimalen und maximalen Auftragsdurchlaufzeiten, nach dem Einfluss von Belas-tungsschwankungen auf die Anlagenleistung, nach vorzusehenden Puffern (Stauplätze) und Leistungsreserven (Auslastung). Für die oben genannten Aufgaben der Materialflussplanung stehen heute hauptsächlich drei Verfahren zur Verfügung (Abb. 1): Faustformeln (gekennzeichnet mit f) sind einfach aber ungenau. Das Systemverhalten von Materialfluss-komponenten beschreiben sie selten über den gesamten Bereich möglicher Betriebsbedingungen und Konfi-gurationen. Das Verhalten von gesamten Materialflusssystemen ist zu komplex, als dass es mit Faustformeln adäquat beschreibbar wäre. Bedienungstheoretische Ansätze erlauben die Beschreibung von Materialflusskomponenten (kleines b) sehr genau und sehr umfassend, soweit Standardmethoden und -modelle der Bedienungstheorie anwendbar sind. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, kann der Aufwand zur Modellbildung schnell erheblich werden. Die Beschreibung von Materialflusssystemen (großes B) als Bedienungsnetzwerke ist nur unter (zum Teil stark) vereinfachenden Annahmen möglich. Solche Vereinfachungen gehen zu Lasten von Genauigkeit und All-gemeingültigkeit der Aussagen. Die Methoden sind häufig sehr komplex, ihre Anwendung erfordert vertief-te Kenntnisse in der Statistik und Stochastik. Simulationsuntersuchungen liefern für Materialflusskomponenten (kleines s) und für Materialflusssysteme (großes S) gleichermaßen genaue Aussagen. Der für die Untersuchungen erforderliche Aufwand hängt dabei weit weniger von den Eigenschaften und der Größe des Systems ab, als es bei bedienungstheoretischen An-sätzen der Fall ist. Die Aussagen der Simulation sind nie universell. Sie betreffen immer nur ein System in einer bestimmten Konfiguration. Die Anwendung der Simulation erfordert Spezialsoftware und vertiefte Kenntnisse in der Modellierung und Programmierung. Verfahren, die genaue und allgemein gültige Aussagen über das Verhalten komplexer Materialflusssysteme liefern können, sind insbesondere in der Phase der Angebotserstellung bzw. in der Phase der Grobplanung von besonderer Wichtigkeit. Andererseits sind heute verfügbare Verfahren aber zu kompliziert und damit unwirt-schaftlich. Gerade in der Phase der Systemgrobplanung werden häufig Änderungen in der Struktur des Systems notwendig, welche z.B. beim Einsatz der Simulation zu erheblichem Änderungsaufwand am Modell führt. Oftmals können solche Änderungen nicht schnell genug ausgeführt werden. Damit bleiben in der Praxis oft erhebliche Planungsunsicherheiten bestehen. Der Grundgedanke des Baukastensystems besteht in der Modularisierung von Materialflusssystemen in einzelne Bausteine und Berechnungen zum Verhalten dieser Komponenten. Die betrachteten Module sind Materialfluss-komponenten, die eine bestimmte logistische Funktion in einer konstruktiv bzw. steuerungstechnisch bedingten, definierten Weise ausführen. Das Verhalten einer Komponente wird durch Belastungen (Durchsatz) und techni-sche Parameter (Geschwindigkeit, Schaltzeit o.ä.) beeinflusst und kann durch ein adäquates mathematisches Modell quantifiziert werden. Das offene Baukastensystem soll dabei vor allem einen konzeptionellen Rahmen für die Integration derartiger Modellbausteine bilden. Es umfasst neben der Bausteinmodularisierung die Problematik der Kommunikation zwischen den Bausteinen (Schnittstellen) sowie Möglichkeiten zur Visualisierung von Ergebnissen. Das daraus abgeleitete softwaretechnische Konzept berücksichtigt neben der einheitlichen Integration der zum Teil stark unterschiedlichen Berechnungsverfahren für einzelne Materialflusskomponenten auch einheitliche Definitionen zur Beschreibung von benötigten Eingangsparametern einschließlich der Randbedingungen (Defini-tionsbereich) und Plausibilitätskontrollen sowie zur Ergebnisbereitstellung. Äußerst wichtig war die Zielstellung, das System offen und erweiterbar zu gestalten: Prototypisch wurden zwar einzelne vorliegende Bausteine integ-riert, es ist aber jederzeit möglich, weitere Verfahren in Form eines Bausteines zu implementieren und in das Baukastensystem einzubringen. Die Ergebnisse der Berechnungen für ein einzelnes Element (Output) fließen zugleich als Input in das nachfol-gende Element ein: Genau wie im realen Materialflusssystem durch Aneinanderreihung einzelner fördertechni-scher Elemente der Materialfluss realisiert wird, kommt es im Baukasten durch Verknüpfung der Bausteine zur Übertragung der relevanten Informationen, mit denen der Fluss beschrieben werden kann. Durch die Weitergabe der Ergebnisse kann trotz Modularisierung in einzelne Bausteine das Verhalten eines gesamten Materialflusssys-tems bestimmt werden. Daher sind auch hier einheitliche Festlegungen zu Art und Umfang der Übergabeparame-ter zwischen den Bausteinen erforderlich. Unter einem Baustein soll ein Modell einer Materialflusskomponente verstanden werden, welches das Verhalten dieser Komponente beim Vorliegen bestimmter Belastungen beschreibt. Dieses Verhalten ist insbesondere gekennzeichnet durch Warteschlangen und Wartezeiten, die vor der Komponente entstehen, durch Auslastung (Besetztanteil) der Komponente selbst und durch die Verteilung des zeitlichen Abstand (Variabilität) des die Komponente verlassenden Stroms an Transporteinheiten. Maßgeblich bestimmt wird dieses Verhalten durch Intensität und Variabilität des ankommenden Stroms an Transporteinheiten, durch die Arbeitsweise (z.B. stetig / unstetig, stochastisch / deterministisch) und zeitliche Inanspruchnahme der Komponente sowie durch Steuerungsregeln, mit denen die Reihenfolge (Priorisierung / Vorfahrt) und/oder Dauer der Abarbeitung (z.B. Regalbediengerät mit Strategie „Minimierung des Leerfahrtan-teils“) verändert werden. Im Grunde genommen beinhaltet ein Baustein damit ein mathematisches Modell, das einen oder mehrere an-kommende Ströme von Transporteinheiten in einen oder mehrere abgehende Ströme transformiert (Abb. 2). Derartige Modelle gibt es beispielsweise in Form von Bedienmodellen ([Gnedenko1984], [Fischer1990 u.a.]), zeitdiskreten Modellen ([Arnold2005], [Furmans1992]), künstlichen neuronalen Netzen ([Schulze2000], [Markwardt2003]), Polynomen ([Schulze1998]). Die zu Grunde liegenden Verfahren (analytisch, simulativ, numerisch) unterscheiden sich zwar erheblich, genü-gen aber prinzipiell den genannten Anforderungen. Die Fixierung auf ein mathematisches Modell ist aber nicht hinreichend, vielmehr bedarf es für einen Baustein auch definierter Schnittstellen, mit denen der Informationsaustausch erfolgen kann (Abb. 3). Dazu zählen neben der einheitlichen Bereitstellung von Informationen über die ankommenden und abgehenden Materialströme auch die Berücksichtigung einer individuellen Parametrierung der Bausteine sowie die Möglichkeit zur Interaktion mit dem Bediener (Anordnung, Parametrierung und Visualisierung). Das offene Konzept erlaubt das eigenständige Entwickeln und Aufnehmen neuer Bausteine in den Baukasten. Dazu ergibt sich als weitere Anforderung die einfache Konfigurierbarkeit eines Bausteins hinsichtlich Identifika-tion, Aussehen und Leistungsbeschreibung. An einen Baustein innerhalb des Baukastensystems werden weiter-hin die folgenden Anforderungen gestellt: Jeder Baustein ist eine in sich abgeschlossene Einheit und kann nur über die Ein- und Ausgänge mit seiner Umgebung kommunizieren. Damit ist ausgeschlossen, dass ein Baustein den Zustand eines ande-ren Bausteins beeinflussen kann. Das führt zu den beiden Lokalitätsbedingungen: Es gibt keine �����bergeordnete Steuerung, die in Abhängigkeit vom aktuellen Systemzustand dispositive Entscheidungen (z.B. zur Routenplanung) trifft. Blockierungen in Folge von Warteschlangen haben keine Auswirkungen auf die Funktion an-derer Bausteine. Bausteine beinhalten in sich abgeschlossene Verfahren zur Dimensionierung einer Komponente (Klas-se) des Materialflusssystems (z.B. Einschleusung auf einen Sorter, Drehtisch als Verzweigungselement oder als Eckumsetzer). Dabei werden auf Grund von technischen Parametern, Steuerungsstrategien und Belastungsannahmen (Durchsatz, Zeitverteilungen) Ergebnisse ermittelt. Ergebnisse im Sinne dieses Bausteinkonzepts sind Auslastungen, Warteschlangen bzw. Wartezeiten vor dem Baustein sowie Flussgrößen zur Beschreibung des Abgangstroms. Als Beschreibung eignen sich sowohl einzelne Kennwerte (Mittelwert, Varianz, Quantile) als auch statische Verteilungsfunktionen. Die Lokalitätsbedingungen stellen Einschränkungen in der Anwendbarkeit des Baukastensystems dar: Systeme mit übergeordneten Steuerungsebenen wie Routenplanung oder Leerfahrzeugsteuerung, die Entscheidungen auf Grund der vorhandenen Transportaufträge und des aktuellen Systemzustands treffen (Fahrerlose Transportsys-teme, Elektrohängebahn), können mit dem Baukasten nicht bearbeitet werden. Diese auf Unstetigförderern basierenden Systeme unterscheiden sich aber auch in ihren Einsatzmerkmalen grundlegend von den hier betrach-teten Stetigförderersystemen. Das Problem der Blockierungen vorgelagerter Bereiche durch zu große Warteschlangen kann dagegen bereits mit dem Baukasten betrachtet und zumindest visualisiert werden. Dazu ist den Verbindungen zwischen den Bausteinen eine Kapazität zugeordnet, so dass durch Vergleich mit den berechneten Warteschlangenlängen eine generelle Einschätzung zur Blockierungsgefahr möglich wird: Ist die Streckenkapazität kleiner als die mittlere Warteschlange, muss von einer permanenten Blockierung ausgegangen werden. In diesem Fall kann der vorhergehende Baustein seine gerade in Bearbeitung befindli-che Transporteinheit nach dem Ende der „Bedienung“ nicht sofort abgeben und behindert damit auch seine weiteren ankommenden Transporteinheiten. Für die Transporteinheiten bedeutet das eine Verlustzeit, die auch nicht wieder aufgeholt werden kann, für das gesamte Transportsystem ist von einer Leistungsminde-rung (geringerer Durchsatz, größere Transport- / Durchlaufzeit) auszugehen. Da bei der Berechnung der Bausteine von einer Blockierfreiheit ausgegangen wird, sind die Berechnungser-gebnisse in aller Regel falsch. Ist die Streckenkapazität zwar größer als die mittlere Warteschlange, aber kleiner als beispielsweise das 90%-Quantil der Warteschlange, ist mit teilweisen Blockierungen (in dem Fall mit mehr als 10% Wahr-scheinlichkeit) zu rechnen. Dann tritt der o.g. Effekt nur zeitweise auf. Die Ergebnisse der Berechungen sind dann zumindest für einzelne Bausteine ungenau. In beiden Fällen wird das Problem erkannt und dem Anwender signalisiert. Es wird davon ausgegangen, dass die geplante Funktionalität und Leistungsfähigkeit des Materialflusssystems nur dann gewährleistet ist, wenn keine Blockierungen auftreten. Durch Änderung der Parameter des kritischen Bausteins, aber auch durch Änderung der Materialströme muss daher eine Anpassung vorgenommen werden. Erst bei Vorliegen der Blockierfreiheit ist die Voraussetzung der Lokalität der Berechnungen erfüllt. Die Berechnungsverfahren in den Bausteinen selbst können wegen der Modularisierung (Lokalität) sehr unter-schiedlicher Art sein. Dabei ist es prinzipiell möglich, die einzelnen Ergebnisse eines Bausteins mit verschiede-nen Verfahren zu ermitteln, insbesondere dann, wenn auf Grund eines eingeschränkten Definitionsbereichs der Eingangsparameter die Anwendung eines bestimmten Verfahrens nicht zulässig ist. Bausteine, die einen Materialfluss auf Grund äußerer, nicht aus dem Verhalten des Bausteins resultierende Einflüsse generieren (Quelle) oder verändern (Service-Station), sind durch eine Flussgröße parametriert. Die Flussgröße ist eine statistische Verteilungsfunktion zur Beschreibung der Ankunfts- und Abgangsströme (Zwi-schenankunftszeiten). In der Praxis, insbesondere in der Planungsphase, ist aber eine solche Verteilungsfunktion meist nicht bekannt. Zudem erweist sich das Rechnen mit Verteilungsfunktionen als numerisch aufwändig. Untersuchungen in [Markwardt2003] haben gezeigt, dass eine Parametrisierung als Abstraktion über statistische Verteilungsfunktionen mit gleichen Erwartungswerten, Minima und Streuungen ausreichend genaue Ergebnisse liefert. Daher wird die Flussgröße beschrieben durch die Parameter Ankunftsrate (=Durchsatz), Mindestzeitabstand tmind und Variationskoeffizient c (als Maß für die Variabilität des Stroms). Zur Visualisierung der Ergebnisse kann die dreiparametrige Gammaverteilung zu Grunde gelegt werden, die eine gute Anpassung an reale Prozessverläufe bietet und durch die genannten Parameter eindeutig beschrieben ist: Weitere leistungsbestimmende Größen wie technische Parameter, Zeitbedarfe u.ä. werden als Parametertupel (k) der jeweiligen Klasse zugeordnet. So ist z.B. bei einer Einschleusung auf einen Sorter zu garantieren, dass der Strom auf der Hauptstrecke nicht angehalten wird. Das erfordert bei einer Einschleusung von der Nebenstrecke eine Lücke im Gutstrom auf der Hauptstrecke mit der Länge Mindestabstand und Fördergeschwindigkeit sind Parameter der ankommenden Förderstrecken, demnach ist lediglich die Größe ttr als Transferzeit ein leistungsbestimmender Parameter der Einschleusung. Förderstrecken stellen die Verbindungen zwischen den Bausteinen her und realisieren den eigentlichen Material-fluss durch das System. Die technische Realisierung kann dabei prinzipiell durch verschiedenartige Bauformen von Stetig- und Unstetigförderern erfolgen. Systeme, die aber vollständig auf der Basis von Unstetigförderern arbeiten wie fahrerlose Transportsysteme (FTS) oder Elektrohängebahn (EHB), werden im Rahmen des Baukas-tens nicht betrachtet, weil die Lokalitätsbedingungen nicht gelten und beispielsweise eine übergeordnete Sys-temsteuerung (Fahrzeugdisposition, Leerfahrtoptimierung) einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems hat. Förderstrecken im hier verwendeten Sinne sind Rollen-, Ketten-, Bandförderer oder ähnliches, deren maximaler Durchsatz im Wesentlichen durch zwei Parameter bestimmt wird: Fördergeschwindigkeit (vF) und Mindestab-stand zwischen den Transporteinheiten (smind). Der Mindestabstand ergibt sich aus der Länge der Transportein-heit in Transportrichtung (sx) und einem Sicherheitsabstand (s0), der für ein sicheres und gefahrloses Transportie-ren erforderlich ist. Die Mindestzeit tmind,S zwischen zwei Fördereinheiten auf einer Förderstrecke bestimmt sich demnach zu Ist das verbindende Förderelement nicht staufähig (nicht akkumulierend, z.B. Gurtbandförderer), so kann sich der Abstand zwischen den Fördergütern während des Förder- oder Transportvorgangs nicht verändern: Muss das Band angehalten werden, weil eine Abgabe an das nachfolgende Förderelement nicht möglich ist, bleiben alle Einheiten stehen. In diesem Fall ist es also nicht möglich, die Lücken im Transportstrom zu schließen, die bereits bei der Aufgabe auf das Förderelement entstehen. Für die Berechnung der Mindestzeit tmind,S bedeutet das, dass dann auch die Mindestzeit tmind,B des vorhergehenden Bausteins berücksichtigt werden muss. Die Mindestzeit des Streckenelements nach (6) bzw. (7) wird als einer der Parameter der Flussgröße zur Be-schreibung des am nachfolgenden Baustein ankommenden Stroms verwendet. Als Parameter der Förderstrecke werden neben der Fördergeschwindigkeit daher auch Angaben zum Transportgut (Abmessungen, Sicherheitsab-stand, Transportrichtung) benötigt. Es bot sich ferner an, eine Typisierung der Förderstrecken hinsichtlich ihrer technischen Realisierung (Rollenförderer, Kettenförderer, Bandförderer usw. mit zugeordneten Parametern) vorzunehmen, um den Aufwand für die Beschreibung der Förderstrecken gering zu halten. Weitere Parameter der Förderstrecken dienen der Aufnahme der Berechnungsergebnisse von vor- bzw. nachge-lagerten Bausteinen und beinhalten: die Länge der Warteschlange (einzelne Kenngrößen wie Mittelwert, 90%-, 95% bzw. 99%-Quantil oder - falls ermittelbar - als statistische Verteilung) die Wartezeit (ebenfalls Kenngrößen oder statistische Verteilung) die (Strecken-)Auslastung Variationskoeffizient für den Güterstrom Für die Darstellung des Materialflusses in einem System werden jeweils einzelne Materialfluss-Relationen betrachtet. Dabei wird angenommen, dass jede Relation an einer Quelle beginnt, an einer Senke endet, dabei mehrere Materialfluss-Komponenten (Bausteine) durchläuft und über den gesamten Verlauf in seiner Größe (Transportmenge) konstant bleibt. Einziger leistungsbestimmender Parameter einer Materialfluss-Relation ist die Transportmenge. Sie wird als zeitabhängige Größe angegeben und entspricht damit dem Durchsatz. Mindestabstand und Variationskoeffizient werden vom erzeugenden Baustein (Quelle) bestimmt, von den weiteren durchlaufenen Bausteinen verändert und über die Förderstrecken jeweils an den nachfolgenden Baustein übertragen. Die verbindenden Förderstrecken werden mit dem jeweiligen Durchsatz „belastet“. Bei Verbindungen, die von mehreren Relationen benutzt werden, summieren sich die Durchsätze, so dass sich unterschiedliche Strecken- und Bausteinbelastungen ergeben. Im Kontext des Baukastensystems werden Metadaten1 verwendet, um die in einem Baustein enthaltenen Infor-mationen über Anwendung, Verfahren und Restriktionen transparent zu machen. Ziel des Baukastensystems ist es je gerade, einfache und leicht handhabbare Berechnungsmodule für einen breiteren Anwenderkreis zur Verfü-gung zu stellen. Dazu sind Beschreibungen erforderlich, mit denen das Leistungsspektrum, mögliche Ergebnisse und Anwendungs- bzw. Einsatzkriterien dokumentiert werden. Aufgabe der Baustein-Bibliothek ist die Sammlung, Verwaltung und Bereitstellung von Informationen über die vorhandenen Bausteine. Damit soll dem Nutzer die Möglichkeit gegeben werden, für seine konkret benötigte Materialflusskomponente einen geeigneten Baustein zur Abbildung zu finden. Mit der Entwicklung weiterer Bausteine für ähnliche Funktionen, aber unterschiedliche Realisierungen (z. B. Regalbediengerät: einfach- oder doppeltiefe Lagerung, mit oder ohne Schnellläuferzone usw.) wächst die Notwendigkeit, die Einsatz- und Leis-tungsmerkmale des Bausteins in geeigneter Weise zu präsentieren. Die Baustein-Bibliothek enthält demnach eine formalisierte Beschreibung der vorhandenen und verfügbaren Bausteine. Die Informationen sind im Wesentlichen unter dem Aspekt einer einheitlichen Identifikation, Infor-mation, Visualisierung und Implementierung der unterschiedlichen Bausteine zusammengestellt worden. Einige der in der Baustein-Bibliothek enthaltenen Metadaten lassen sich durchaus mehreren Rubriken zuordnen. Identifikation und Information Ein Baustein wird durch eine eindeutige Ident-Nummer fixiert. Daneben geben Informationen zum Autor (Ent-wicklung und/oder Implementierung des Verfahrens) und eine Funktionsbeschreibung eine verbale Auskunft über den Baustein. Zusätzlich ist jeder Baustein einem bestimmten Typ zugeordnet entsprechend der Baustein-Klassifizierung (Bearbeiten, Verzweigen, Zusammenführen usw.), über den die Baustein-Auswahl eingegrenzt werden kann. Visualisierung Die Parameter für die Visualisierung beschreiben die Darstellung des Bausteins innerhalb des Baukastensystems (Form, Farbe, Lage der Ein- und Ausgänge des Bausteins, Icons). Implementierung Der Klassenname verweist auf die Implementierung des Bausteins. Zusätzlich benötigte Programm-Ressourcen (externe Bibliotheken wie *.dll , *.tcl o.ä.) können angegeben werden. Weiterhin sind Bezeichnungen und Erläuterungen der erforderlichen technischen Parameter für den Eingabedialog enthalten. Für die Förderstrecken wird ebenfalls eine formalisierte Beschreibung verwendet. Sie verweist jedoch nicht wie die Baustein-Bibliothek auf Software-Ressourcen, sondern enthält nur eine Reihe technischer Parameter, die für das Übertragungsverhalten der Förderstrecke eine Rolle spielen (Fördergeschwindigkeit, Arbeitsweise akkumu-lierend, Ausrichtung des Transportguts). Die Einträge lassen sich als Musterdatensätze (Template) für die Bau-stein-Verbindungen auffassen, um bestimmte, häufig vorkommende fördertechnische Lösungen diesen Verbin-dungen in einfacher Weise zuordnen zu können. Die Angaben sind aber im konkreten Anwendungsfall änderbar. Angaben zum Transportgut beschränken sich auf die Abmessungen der Transporteinheiten (Länge, Breite) und den erforderlichen Sicherheitsabstand (s0). Als Grundform wird von einer Standard-Euro-Palette (1200x800 mm) ausgegangen, es lassen sich aber auch Güter mit anderen Maßen hinzufügen. Die Angaben zum Transportgut werden in Verbindung mit den Parametern der Förderstrecken (Ausrichtung des Gutes längs oder quer) ausgewertet, so dass sich die jeweiligen Mindestabstände (Gleichung 6 bzw. 7) sowie der maximale Durchsatz Qmax als Grundlage für die Berechnung der Streckenauslastung bestimmen lassen. Das Gesamtkonzept des Baukastensystems ist in Abbildung 4 dargestellt. Es besteht im Wesentlichen aus drei Bereichen: Bausteinerstellung Bausteinverwaltung (Bibliotheken) Baukasten (Benutzeroberfläche) Dabei ist der Bereich der Bausteinerstellung nicht unmittelbarer Bestandteil der realisierten Lösung. Sie ist vielmehr die Quelle für die Bausteine, die über die jeweiligen Metadaten in einer Baustein-Bibliothek verwaltet und bereitgestellt werden. Die Verwaltung von Bausteinen und Förderstrecken ist die Umsetzung der Baustein-Bibliothek und (im erwei-terten Sinne) der Definitionen für die Förderstrecken. Der Modellbaukasten selbst stellt die Grafische Nutzeroberfläche dar (Abb. 11) und enthält den interaktiven, grafischen Modelleditor, die Auswahlelemente (Werkzeugkoffer bzw. -filter) für Bausteine und Förderstrecken, tabellarische Übersichten für alle Bausteine, Förderstrecken und Materialflussrelationen sowie Eingabedialoge für Bausteine, Förderstrecken und Materialflussrelationen. Die Entwicklung eines Modells mit dem Baukastensystem erfolgt prinzipiell in drei Schritten: Schritt eins umfasst die Anordnung und Definition der Bausteine. Der Modellbaukasten bietet die Möglich-keit, einen bestimmten Baustein direkt (z.B. Ausschleusung) oder unter Nutzung eines Bausteinfilters (z.B. alle Verzweigungselemente) auszuwählen und im grafischen Editor mittels Mausklick zu platzieren . An-schließend erfolgt im Dialog die notwendige Parametrierung des Bausteins. Dies beinhaltet sowohl die An-gaben zur Visualisierung (Drehung, Spiegelung) als auch die für die Dimensionierung erforderlichen techni-schen Parameter. Die für jeden Baustein benötigten Leistungsanforderungen (Durchsatz, lokale Transport-matrix) werden allerdings nicht direkt angegeben, sondern aus den Beziehungen zu den vor- und nachgela-gerten Bausteinen automatisch ermittelt (Übertragungsfunktion der Förderstrecken). Danach erfolgt in einem zweiten Schritt die Definition von Verbindung zwischen den Bausteinen (Förder-strecken): Das Erzeugen der Bausteinverbindungen ist ebenfalls ganz einfach zu realisieren. Nach Auswahl der zu Grunde liegenden Fördertechnik (z.B. Rollenförderer) wird durch Ziehen des Mauszeigers von einem nicht belegten Ausgang zu einem nicht belegten Eingang eines Bausteins die entsprechende Förderstrecke erzeugt. In einem abschließenden Dialog können die gewählten Voreinstellungen zum Transportgut, zum Förderertyp usw. bestätigt oder gegebenenfalls korrigiert werden. Außerdem kann die Kapazität der Förder-strecke definiert werden. Dabei geht es weniger um die Länge des Förderers als viel mehr um die Anzahl der vorgesehenen Puffer- oder Stauplätze im Zusammenhang mit den zu berechnenden Warteschlangenlän-gen. Abschließend wird im dritten Schritt der Materialfluss definiert: Ein Materialstrom ist jeweils eine Relation, die an einer Quelle beginnt, an einer Senke endet und dabei mehrere Bausteine durchläuft. Da die Förder-strecken zu diesem Zeitpunkt bereits definiert sein müssen, kann automatisch ein möglicher Weg zwischen Quelle und Senke gefunden werden. Ähnlich wie bei Routenplanungssystemen kann dabei durch zusätzliche Angabe von Zwischenpunkten (via) der automatisch vorgeschlagene Transportweg verändert und angepasst werden (Abb. 5). Nach Bestätigung des Transportweges und damit der unterwegs zu passierenden Bausteine erfolgt in einem Dialog die Parametrierung (Transportmenge pro Stunde) für diese Relation. Die Elemente des Transportweges (die benutzten Förderstrecken) werden mit dem entsprechenden Durchsatz „belastet“. Nach Abschluss der Modellierung kann die Berechnung ausgeführt werden. Im Ergebnis werden Kennzahlen bestimmt und im Baukasten in verschiedener Form visualisiert, um eine Bewertung der Ergebnisse vornehmen zu können. Eine Übersicht Fehlermeldungen listet die Problemelemente auf. Dabei wird die Schwere eines Problems farb-lich hervorgehoben: fataler Fehler (rot): entsteht z.B. bei Überlastung eines Bausteins – die geforderte Leistung für einen Bau-stein (und damit die des Gesamtsystems) kann nicht erbracht werden. lokaler Fehler (orange): entsteht z.B. bei permanenter Blockierung – die mittlere Warteschlange vor einem Baustein ist größer als dessen vorgesehene Kapazität. Warnung (hellgelb): bei teilweiser Blockierung – das 90%-Quantil der Warteschlange ist größer als die Ka-pazität der Förderstrecke, es ist daher zeitweise mit Blockierungen (und damit Behinderungen des vorherge-henden Bausteins) zu rechnen. Information (weiß): wird immer dann erzeugt, wenn Erwartungswerte für die Wartezeit oder Warteschlange mit einem G/G/1-Bedienmodell berechnet werden. Die Lösungen dieser Näherungsgleichungen sind im All-gemeinen nicht sehr genau, dienen aber als Abschätzung für die sonst fehlenden Kennwerte. Entsprechend der berechneten Auslastung werden die Bausteine im Modelleditor mit einer Farbabstufung von Grün nach Rot markiert, Bausteine und Förderstrecken leuchten rot bei Überlastung. Die dargestellten Ergebnisse im Modelleditor zu Bausteinen und Förderstrecken sind umschaltbar durch den Nutzer (Abb. 6). Je nach den in den Bausteinen hinterlegten Berechnungen sind jedoch nicht immer alle Kenn-größen verfügbar. Die Implementierung des Baukastensystems wurde mit Java (Release 1.5) vorgenommen. Für das Kernsystem wird dabei das in Abbildung 7 dargestellte Klassen-Konzept umgesetzt. Ausgehend von einer allgemeinen Klasse (Object3D) für Visualisierung von und Interaktionen mit grafischen Objekten wurden für Bausteine (AbstractNode) und Förderstrecken (Connection) die jeweiligen Klassen abgelei-tet. Für die Förderstecken ergibt sich dabei eine weitgehend einheitliche Beschreibungsform, die lediglich durch die Parametrierung (Vorlagen in der Förderstrecken-Bibliothek als XML-Datei) auf den konkreten Einsatz im Modell des Materialflusssystems angepasst werden muss. Anders verhält es sich mit den Bausteinen: Durch die mögliche Vielfalt von Bausteinen und den ihnen zu Grunde liegenden Berechnungsverfahren muss es auch eine Vielzahl von Klassen geben. Um jedoch für jeden belie-bigen Baustein den Zugriff (Bereitstellung von Eingangsdaten, Berechnung und Bereitstellung der Ergebnisse) in einer identischen Weise zu gewährleisten, muss es dafür eine nach außen einheitliche Schnittstelle geben. Die Java zu Grunde liegende objektorientierte Programmierung bietet mit dem Konzept der „abstrakten Klasse“ eine Möglichkeit, dies in einfacher Weise zu realisieren. Dazu wird mit AbstractNode quasi eine Vorlage entwi-ckelt, von der alle implementierten Baustein-Klassen abgeleitet sind. AbstractNode selbst enthält alle Methoden, mit denen Baustein-Daten übernommen oder übergeben, die jeweiligen Visualisierungen vorgenommen, die baustein-internen Verbindungen (lokale Transportmatrix) verwaltet und Ein- und Ausgänge mit den zugehörigen Förderstrecken verbunden werden. Die für den Aufruf der eigentlichen Berechnungen in den Bausteinen ver-wendeten Methoden sind deklariert, aber nicht implementiert (sogenannte abstrakte Methoden). Ein Baustein wird von AbstractNode abgeleitet und erbt damit die implementierten Methoden, lediglich die abstrakten Methoden, die die Spezifik des Bausteins ausmachen, sind noch zu implementieren. Um neue Bausteine zu erzeugen, wird Unterstützung in Form eines Bildschirmdialogs angeboten (Abb. 8). Danach sind die entsprechenden Angaben zu den Metadaten, zur Struktur und zur Visualisierung des Bausteins, die Eingangsparameter (Name und Erläuterung) sowie die berechenbaren Ergebnisse (z.B. Auslastung, Quantile der Warteschlangenlänge, aber keine Aussage zu Wartezeiten usw.) anzugeben. Nach Bestätigung der Daten und diversen Syntax- bzw. Semantik-Kontrollen wird der Baustein in der Bibliothek registriert, ein Sourcecode für den neuen Baustein generiert und kompiliert. Der Baustein selbst ist damit formal korrekt und kann sofort verwendet werden, liefert aber noch keine verwertbaren Ergebnisse, weil natürlich die Implementierung des Berechnungsverfahrens selbst noch aussteht. Das muss in einem zweiten Schritt im Rah-men der üblichen Software-Entwicklung nachgeholt werden. Dazu sind die Berechnungsverfahren zu implemen-tieren und die Bausteinschnittstellen zu bedienen. Der generierte Java-Code enthält in den Kommentaren eine Reihe von Hinweisen für den Programmierer, so dass sich problemlos die Schnittstellen des Bausteins program-mieren lassen (Abb. 9). In einem Beispiel werden ein Hochregallager (3 Regalbediengeräte) und zwei Kommissionierplätze durch ein Transportsystem verbunden. Mit der Einlastung von Kommissionieraufträgen werden im Simulationsmodell die entsprechenden Transportaufträge generiert und abgearbeitet (Abb. 10). Dabei können Systemzustände (z.B. Warteschlangen) protokolliert und statistisch ausgewertet werden. Ein entsprechendes Modell für den Baukasten ist in Abbildung 11 dargestellt. Der Vorteil des Baukastensystems liegt selbst bei diesem recht einfachen Beispiel im Zeitvorteil: Für Erstellung und Test des Simulationsmodells und anschließende Simulationsläufe und Auswertungen wird ein Zeitaufwand von ca. 4-5 Stunden benötigt, das Baukastenmodell braucht für Erstellung und korrekte Parametrierung weniger als 0,5 Stunden, die Rechenzeit selbst ist vernachlässigbar gering. Sollte im Ergebnis der Untersuchungen eine Änderung des Materialflusssystems notwendig werden, so führt das im Simulationsmodell teilweise zu erheblichen Änderungen (Abläufe, Steuerungsstrategien, Auswertungen) mit entsprechendem Zeitaufwand. Im Baukasten können dagegen in einfacher Weise zusätzliche Bausteine eingefügt oder vorhandene ersetzt werden durch Bausteine mit geänderter Funktion oder Steuerung. Strukturelle Änderungen am Materialflusssys-tem sind also mit deutlich geringerem Aufwand realisierbar. In [Markwardt2003] werden für mehrere Strukturen von Materialflusskomponenten Fehlerbetrachtungen über die Genauigkeit der mittels neuronaler Netze untersuchten Systeme gegenüber den Simulationsergebnissen vorge-nommen. Danach ergibt sich beispielsweise für das 90%-Quantil der Warteschlange eine Abweichung, die mit 90% Sicherheit kleiner als 0,3 Warteplätze ist. Bei den Variationskoeffizienten des Abgangsstroms betragen die absoluten Abweichungen mit 90% Sicherheit nicht mehr als 0,02 bis 0,05 (in Abhängigkeit vom betrachteten Baustein). Daraus wird die Schlussfolgerung abgeleitet, dass die durch Verknüpfung neuronaler Netze gewonne-nen Aussagen sehr gut mit statistischen Ergebnissen diskreter Simulation übereinstimmen und eine Planungssi-cherheit ermöglichen, die für einen Grobentwurf von Materialflusssystemen weit über die heute gebräuchlichen statischen Berechnungsverfahren hinausgehen. Im konkreten Beispiel wurde die Zahl der Pufferplätze vor den Kommissionierern (Work1 bzw. Work2) zu-nächst auf 3 begrenzt. Die Berechnung im Baukasten ergab dabei in beiden Fällen Fehlermeldungen mit dem Hinweis auf Blockierungen (Abb. 12, links). Diese bestätigten sich auch im Simulationsmodell (Abb. 12, rechts). Nach Vergr��ßerung der Pufferstrecken auf 7 Plätze ist die Blockierungsgefahr auf ein vertretbares Minimum reduziert, und die mit dem Baukasten berechneten Kenngrößen können durch die Simulation prinzipiell bestätigt werden. it dem offenen Baukastensystem ist eine schnelle, einfache, sichere und damit wirtschaftlichere Dimensionie-rung von Materialflusssystemen möglich. Für den Anwender sind sofort statistisch abgesicherte und ausreichend genaue Ergebnisse ohne aufwändige Berechnungen verfügbar, womit sich die Planungsqualität erhöht. Besonde-re Anforderungen an Hard- und Software sind dabei nicht erforderlich. Für die Dimensionierung der einzelnen Bausteine stehen Informationen aus der Bedienungstheorie, Simulati-onswissen und numerische Verfahren direkt und anwendungsbereit zur Verfügung. Es erlaubt eine deutlich vereinfachte Berechnung von statistischen Kenngrößen wie Quantile (statistische Obergrenzen) der Pufferbelegung, Auslastung von Einzelelementen und mittlere Auftragsdurchlaufzeit bei gleichzeitig erhöhter Genauigkeit. Ferner ist das Baukastensystem offen für eine Erweiterung um neue Bausteine, die neue oder spezielle fördertechnische Elemente abbilden oder zusätzliche Informationen liefern können. Da auch komplexe Materialflusssysteme immer wieder aus einer begrenzten Anzahl unterschiedlicher Kompo-nenten bestehen, können durch die Verknüpfung der Einzelbausteine auch Gesamtsysteme abgebildet werden. Die Verknüpfung der Bausteine über eine einheitliche Schnittstelle erlaubt Aussagen über das Verhalten der Gesamtanlage. Bei Einsatz des Baukastensystems sind in einer solchen Verknüpfung jederzeit Parameterände-rungen möglich, deren Folgen sofort sichtbar werden. Die Zeit bis zum Vorliegen gesicherter, ausreichend genauer Ergebnisse wird dadurch drastisch verkürzt. Damit erwächst Variantenuntersuchungen bereits in frühen Planungsphasen neues Potential und kann zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden.
Resumo:
Die Kunstgeschichte hat seit ihrer Einsetzung als universitäres Lehrfach auf eine Erweiterung ihrer Bestände und Themengebiete hingearbeitet. Stärker als andere Disziplinen war sie dabei bald auf die Möglichkeiten der Bildreproduktion angewiesen. Sie kommuniziert und popularisiert ihre Inhalte durch Lichtbilder und Kataloge und hat auch an der Entwicklung entsprechender Medien, vom Bilderalbum bis zur Fotodokumentation, mitgewirkt. Mittlerweile erwirbt ein Kunsthistoriker immer mehr Kenntnisse auch auf der Basis reproduzierter, mobiler Aufnahmen von Kunstwerken entlegenster Orte und verdichtet diese zu einem abstrakten Kanon kulturellen Erbes. Im digitalen Raum könnte nun die Gefahr bestehen, dass die bloße Fortschreibung dieser Praxis, zumal an eine anonyme Öffentlichkeit gerichtet, zu einer Verkrustung überkommener Sehweisen führt; der Einsatz von digitalen Medien würde dann keine methodische Innovation darstellen, sondern vielmehr das Gegenteil bewirken. Auf der anderen Seite vollziehen sich Wissenstransformationen nicht allein durch die Anwendung bahnbrechender Technologien; sie bedürfen auch der entsprechenden institutionellen Einbettung. Der Aufbau simpler Kommunikationswege wie E-Mail, der Einsatz erprobter Techniken wie der 3-D-Visualisierung oder die Gestaltung kostspieliger Datenbanken und Informationssysteme verändert - graduell, aber dauerhaft - die bestehenden Fachstrukturen und Denkgewohnheiten. Nur ein Bruchteil der Fragen, die mit dem Einsatz des Computers einhergehen, sind primär technischer Natur. Die Diskussion neuer Medien könnte zu einem professionelleren Selbstverständnis der kunstgeschichtlichen Forschung beitragen, wenn Fragen des Managements, der Projektgestaltung oder der Einwerbung von Drittmitteln nicht länger als Nebensachen abgetan werden; auch sie gehören zu einer wissenschaftlichen Methodik.
Resumo:
Der Tod der deutschen Kolonialpioniere stellte dem Anschein nach ein ideales Feld nationaler Identifikation dar. Die Männer der ersten Stunde hatten afrikanisches Territorium gegen die Unbilden der Natur und die Widerstände der einheimischen Bevölkerung in Besitz genommen. Die Erinnerung an die toten Helden konnte daher sinnfällige Mythen nationaler Erfolgsgeschichte bereitstellen. Der Beitrag überprüft am Beispiel der beiden zeitgenössisch bei weitem bekanntesten deutschen Kolonialpioniere Hermann von Wissmann und Carl Peters, welche Formen und Funktionen der Totenkult um die Kolonialheroen des Kaiserreichs hatte. Beisetzungsfeiern, Nachrufe, Denkmäler und Nachwirkungen werden betrachtet, bevor abschließend vergleichende allgemeinere Schlussfolgerungen gezogen werden. Dabei zeigt sich, dass die Ehrung der Kolonialhelden allenfalls oberflächlich zur nationalen Integration beitrug. Vielmehr wurde der Kult um die Kolonialpioniere, der schon zu Zeiten des Kaiserreichs vor allem auf die Kolonialbewegung selbst zurückging und vom Reich nur mit Zurückhaltung unterstützt wurde, zunehmend zur Kritik an der Berliner Politik genutzt. Er diente der Rechtfertigung und Schuldzuweisung. Im Kolonialrevisionismus nach 1918 bestätigt sich dieser Befund.