6 resultados para lebensweise
em ArchiMeD - Elektronische Publikationen der Universität Mainz - Alemanha
Resumo:
Der Gemeine Ohrwurm (Forficula auricularia LINNAEUS 1758) wurde bisher im Weinbau als natürlicher Gegenspieler verschiedener Rebschädlinge zu den Nützlingen gezählt. Etwa seit 2005 verursacht er aufgrund stark ansteigender Populationsdichten Schäden in pfälzischen Rebanlagen. Ohrwürmer halten sich massenhaft in den Trauben auf. Zusammen mit ihren Exkrementen geraten sie bei der Lese in großer Zahl ins Erntegut. Die Tiere werden von der weinbaulichen Praxis als sehr störend und qualitätsmindernd empfunden und ihre Einstufung als Nützling kritisch gesehen. Aufgrund dieser Problematik wurde im Mai 2007 ein durch den Forschungsring des Deutschen Weinbaus (FDW) finanziertes Forschungsprojekt am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz in Neustadt an der Weinstraße begonnen. Bis 2010 wurden offene Fragen zur Erfassung und Populationsbiologie des Gemeinen Ohrwurms in Rebanlagen bearbeitet, die von ihm verursachten Schäden beschrieben und Strategien zu seiner Befallsregulation entwickelt. Am Boden aktive Ohrwürmer wurden mit Bodenfallen nach BARBER (1931) aufgenommen. In der Laubwand des Rebstockes wurden die Ohrwürmer mit eigens konzipierten Bambusfallen erfasst. F. auricularia ist in pfälzischen Rebanlagen die dominierende Ohrwurm-Art. Im Projektverlauf wurde der univoltine Entwicklungszyklus des Gemeinen Ohrwurms in pfälzischen Rebanlagen vollständig aufgeklärt. In der Vegetationsperiode beeinflussten die Intensität der Bodenbewirtschaftung mit der resultierenden Flächenbegrünung, die Bodenart, die Lufttemperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Niederschlagsmenge die Befallsdichten am Rebstock signifikant. Der Ohrwurm-Befall in den Trauben war signifikant von der Kompaktheit und vom Gewicht der Trauben sowie dem Fäulnisanteil pro Traube und von eingewachsenen Rebblättern in den Trauben abhängig. Das Überwinterungs- und Brutverhalten wurde durch die Art und Weise der Bodenbewirtschaftung beeinflusst beziehungsweise gestört.rnLabor- und Freilandversuche haben gezeigt, dass F. auricularia Pilzpathogene wie die Graufäule (Botrytis cinerea PERSOON 1794) und den Pinselschimmel (Penicillium crustosum THOM 1930) auf gesunde Trauben überträgt. Ferner haben Fraßversuche ergeben, dass der Ohrwurm nur faule und vorgeschädigte Beeren anfressen kann und keine intakten Beeren verletzt. Durch analytische und sensorische Untersuchungen wurde festgestellt, dass Ohrwurm-Kot sensorische Fehltöne im Wein verursachen kann. Diese werden durch das im Kot enthaltene 2-Methyl-1,4-benzochinon hervorgerufen, das eine Komponente des arteigenen Abwehrsekrets ist. Da sich der Ohrwurm jahreszeitlich bedingt entweder im Boden oder am Rebstock aufhält, wurden befallsregulierende Maßnahmen im Boden- und Laubwandbereich der Rebanlage durchgeführt. Durch Tiefengrubbern mit Umbruch der Begrünung im Herbst und Frühjahr wurden die überwinternden Imagines und die Gelege geschädigt, so dass in der darauf folgenden Vegetationsperiode die Befallsdichten in der Laubwand geringfügig aber nicht signifikant abnahmen. Die während der Aufwanderungsphase der Ohrwürmer Ende Juni durchgeführte mechanische Störung der Begrünung reduzierte den Ohrwurm-Befall am Rebstock bis zu drei Wochen nach der Maßnahme signifikant. In der Laubwand der Rebstöcke wurden die Befallsdichten durch die Insektizide SpinTor (Wirkstoff Spinosad: 0,01%) und Steward® (Wirkstoff Indoxacarb: 0,0125 %) sowie sekundär durch partielles Entblättern der Laubwand dauerhaft bis zur Traubenlese reduziert. rn
Resumo:
Ziel der Untersuchungen war, Pilze aus geschädigtem und ungeschädigtem Wurzelmaterial konventionell und ökologisch bewirtschafteter Weinbergsböden zu isolieren und diese auf ihre Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den anderen Arten bzw. deren Pilzmetabolitsuspensionen unter unterschiedlichen Nahrungsbedingungen zu prüfen und eine eventuelle substratabhängige Verhaltensänderung bei den Spezies in Interaktion festzustellen. Zudem wurde in weiteren In-vitro- Versuchen das pathogene Potenzial der gefundenen Arten gegenüber Vitis spp. getestet. Hintergrund dieser Untersuchungen war die Hypothese, dass Absterbeerscheinungen in Rebanlagen nicht durch die Reblaus per se verursacht werden, sondern dass ein Zusammenhang zwischen der Bewirtschaftungsmethode und dem Schadbild in reblausbefallenen Rebanlagen besteht und dessen Entstehung auf pathogenkonduktive und –suppressive Eigenschaften des Bodens zurückgeführt werden kann. Aus rund 2400 Wurzelproben konnten insgesamt 49 Pilzarten isoliert und bestimmt und mehr als die Hälfte davon in Wurzeln beider Versuchsflächen nachgewiesen werden. Ein Großteil der Pilze wurde sowohl in geschädigten als auch in ungeschädigten Wurzelgeweben identifiziert. Darunter waren Arten, die in der Literatur als Parasiten und Saprobier beschrieben werden, aber auch Arten, die eine andere Lebensweise pflegen oder deren Lebensweise nicht bekannt ist. Mit Hilfe von Interaktionsversuchen auf unterschiedlichen Nährmedien (einem Voll- und einem Mangelmedium) konnte bei den untersuchten Arten teilweise starke substratabhängige Verhaltensänderung in Interaktion mit bestimmten Pilzkolonien festgestellt und auf die Verfügbarkeit von organischem Kohlenstoff zurückgeführt werden. Starke Konkurrenz um organischen Kohlenstoff und dadurch entstehende fungistatische und antibiotische Effekte können in diesem Zusammenhang pathogenkonduktive bzw. pathogensuppressive Bodeneigenschaften fördern oder hemmen. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass alle 15 in vitro an Vitis spp. inokulierten Pilze (Absidia glauca, Acremonium kiliense, Aspergillus ustus, Cylindrocarpon magnusianum, Cylindrocarpon sp., Fusarium culmorum, F. detonianum, F. oxysporum, F. sacchari, F. semitectum, Gliocladium roseum, Leptosphaeria coniothyrium, Penicillium expansum, Trichoderma harzianum, T. pseudokoningii), unter denen sich auch als Saprobier bekannte Arten befanden (P. expansum, T. harzianum), selbst bei Verfügbarkeit organischer Kohlenstoffverbindungen im Substrat, gegenüber Vitis spp. ein fakultativ pathogenes Potenzial besitzen. Diese aus In-vitro-Interaktionsversuchen gewonnenen Erkenntnisse geben Hinweise darauf, welchen Einfluss die Bewirtschaftung, insbesondere die Versorgung der Weinbergsböden mit organischem Kohlenstoff, auf fakultativ pathogene Sekundärparasiten in Form von Bodenpilzen und folglich auf die Entwicklung von Schadbildern an durch die Reblaus prädispositionierten Rebpflanzen in vivo haben kann.
Resumo:
Aufgrund ihrer Lebensweise und -umgebung sind effiziente Strategien zur Abwehr bedrohender Einflüsse essentiell für die Porifera. Eine dieser Strategien stellen die Apoptose in höheren Metazoen, sowie ein effizientes Immunsystem dar. Diese sichern sowohl das Überleben des Organismus als auch die Entfernung beschädigter, infizierter oder redundanter Zellen. Bei Untersuchungen der Porifera auf Moleküle, die an diesen Prozessen beteiligt sind, konnten in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt werden. So konnten das in der Apoptose involvierte Protein GCDD2 (proapoptotisch), die antiapoptotischen GCBHP1 und GCBHP2 Proteine (Wiens et al., 2001), sowie ein LPS induzierbarer TNF (Wiens et al., 2007) und zwei Caspasen (Wiens et al., 2003) in Schwämmen identifiziert werden. Um diese essentiellen Mechanismen besser verstehen zu können, sollte ein möglicher Tumor-Nekrose-Faktor-Rezeptor identifiziert werden. Hierzu wurde die SpongeBase Datenbank nach Proteinen mit Todesdomänen durchsucht und diese unter Anwendung von PCR- und Screening-Techniken in einer cDNA-Bank des marinen Schwammes S. domuncula komplettiert. Im Anschluss an ihre Sequenzierung wurde ein Klon ausgewählt, dessen Todesdomäne größte Homologie zu einem TNFR zeigte. Dieser Klon SD_TNFR-like (Suberites domuncula TNFR-homologes Protein) wurde anschließend diversen Sequenz- und Strukturanalysen unterzogen. Diese offenbarten die Existenz zweier funktional bedeutsamer Domänen (Ubiquitin-like und Todesdomäne). Vor allem die Todesdomäne impliziert eine Beteiligung des Proteins an apoptotischen Prozessen. Über einen „Yeast Two Hybrid Screen“ sollten Proteine identifiziert werden, welche mit dem Ausgangsprotein interagieren. Hierbei wurde ein Protein identifiziert, das Ähnlichkeit mit einem antimikrobiellen Peptid aufweist. Dieses Protein kann analog zu einer Gruppe von antimikrobiellen Peptiden, den α-helikalen kationischen Peptiden, in drei Teile gespalten werden. Das Signalpeptid sowie ein anionisches Propeptid werden abgespalten und es entsteht ein kationisches, antimykotisch wirksames Peptid. Beide Proteine sollten, sofern sie in die Abwehrreaktionen involviert sind, durch Inkubation mit mikrobiellen Strukturen vermehrt exprimiert werden. Eine Überprüfung der Transkription mittels Northern Blot Analysen bestätigte dies für das SD_TNFR-like nach Inkubation mit LPS und TNF- α sowie für SD_Brevinin-like nach Inkubation mit LPS, PAM und Hefe. Mit der Herstellung eines rekombinanten SD_TNFR-like-Proteins wurde die Immunisierung von Kaninchen und die folgende Gewinnung eines polyklonalen SD_TNFR-like-Antikörpers ermöglicht. Dieser gestattete den Nachweis der SD_TNFR-like -Expression mittels Western Blot-Analysen sowie die stressinduzierte erhöhte Expression mittels Dot Blot-Analysen auch auf Proteinebene. Um die Funktion des SD_TNFR-like Proteins zu charakterisierten, wurde ein Test mit RAW-Blue™-Zellen durchgeführt. Die Ergebnisse implizieren, dass das Protein Teil der Immunreaktion analog der der TLR- bzw. NLR- Reaktion ist. Auch die Interaktion mit einem antimikrobiellen Protein, welches für das Überleben des Organismus und die Bekämpfung der Mikroorganismen sorgt, deutet auf eine solche Beteiligung hin. Zusätzlich wird diese These durch ein Ergebnis der Strukturanalysen unterstützt, nämlich die Identifizierung einer TRAF2 Bindestelle. TRAF2 ist ein Adapterprotein der TNFR und aktiviert Überlebensfaktoren über den NF - B-Weg. Immunohistochemische Analysen zeigten, dass das SD_TNFR-like Protein im Organismus vor allem um die Bakteriozysten, um verschiedene Mikroorganismen und am Rand des Schwammes exprimiert wird, was ebenfalls für eine immunologische Funktionsweise spricht. Auch im restlichen Gewebe wird es kontinuierlich, auch ohne vorherige LPS Inkubation exprimiert. Diese Akkumulation zeigt deutlich, dass das Protein in einen Schutzmechanismus gegen äußere Bedrohungen involviert ist. Es scheint dabei direkt an den eindringenden Mikroorganismen zu wirken. Das SD_TNFR-like ist demnach ein potentieller Bestandteil der Immunantwort des Schwammes, welches Apoptose verhindern und Überlebensmechanismen aktivieren kann. Das SD_Brevinin-like Protein besitzt antimykotische Aktivität, wie in einem antimikrobiellen Test gezeigt werden konnte. Weiterhin scheint es für das SD_TNFR-like Protein als positiver bzw. negativer Regulator von Bedeutung zu sein, der eine Reaktion entweder beendet oder die Expression von Überlebensfaktoren verstärkt. Die in dieser Arbeit präsentierten Ergebnisse und Schlussfolgerungen demonstrieren somit die Identifizierung eines neuen Schwammproteins, welches eine Rolle in der Immunantwort spielt, sowie eines neuen antimikrobiellen Peptids, welches die Wirkung des TNFR-like moduliert. Es müssen jedoch noch weitere Funktionsanalysen folgen, um den Mechanismus des SD_TNFR-like Proteins und seine Regulation genauer charakterisieren zu können
A river runs through it - ancient DNA data on the neolithic populations of the Great Hungarian Plain
Resumo:
This thesis was part of a multidisciplinary research project funded by the German Research Foundation (“Bevölkerungsgeschichte des Karpatenbeckens in der Jungsteinzeit und ihr Einfluss auf die Besiedlung Mitteleuropas”, grant no. Al 287/10-1) aimed at elucidating the population history of the Carpathian Basin during the Neolithic. The Carpathian Basin was an important waypoint on the spread of the Neolithic from southeastern to central Europe. On the Great Hungarian Plain (Alföld), the first farming communities appeared around 6000 cal BC. They belonged to the Körös culture, which derived from the Starčevo-Körös-Criş complex in the northern Balkans. Around 5600 cal BC the Alföld-Linearbandkeramik (ALBK), so called due to its stylistic similarities with the Transdanubian and central European LBK, emerged in the northwestern Alföld. Following a short “classical phase”, the ALBK split into several regional subgroups during its later stages, but did not expand beyond the Great Hungarian Plain. Marking the beginning of the late Neolithic period, the Tisza culture first appeared in the southern Alföld around 5000 cal BC and subsequently spread into the central and northern Alföld. Together with the Herpály and Csőszhalom groups it was an integral part of the late Neolithic cultural landscape of the Alföld. Up until now, the Neolithic cultural succession on the Alföld has been almost exclusively studied from an archaeological point of view, while very little is known about the population genetic processes during this time period. The aim of this thesis was to perform ancient DNA (aDNA) analyses on human samples from the Alföld Neolithic and analyse the resulting mitochondrial population data to address the following questions: is there population continuity between the Central European Mesolithic hunter-gatherer metapopulation and the first farming communities on the Alföld? Is there genetic continuity from the early to the late Neolithic? Are there genetic as well as cultural differences between the regional groups of the ALBK? Additionally, the relationships between the Alföld and the neighbouring Transdanubian Neolithic as well as other European early farming communities were evaluated to gain insights into the genetic affinities of the Alföld Neolithic in a larger geographic context. 320 individuals were analysed for this study; reproducible mitochondrial haplogroup information (HVS-I and/or SNP data) could be obtained from 242 Neolithic individuals. According to the analyses, population continuity between hunter-gatherers and the Neolithic cultures of the Alföld can be excluded at any stage of the Neolithic. In contrast, there is strong evidence for population continuity from the early to the late Neolithic. All cultural groups on the Alföld were heavily shaped by the genetic substrate introduced into the Carpathian Basin during the early Neolithic by the Körös and Starčevo cultures. Accordingly, genetic differentiation between regional groups of the ALBK is not very pronounced. The Alföld cultures are furthermore genetically highly similar to the Transdanubian Neolithic cultures, probably due to common ancestry. In the wider European context, the Alföld Neolithic cultures also highly similar to the central European LBK, while they differ markedly from contemporaneous populations of the Iberian Peninsula and the Ukraine. Thus, the Körös culture, the ALBK and the Tisza culture can be regarded as part of a “genetic continuum” that links the Neolithic Carpathian Basin to central Europe and likely has its roots in the Starčevo -Körös-Criş complex of the northern Balkans.
Resumo:
Die vorliegende Dissertation ist eine molekulargenetische Studie an humanem neolithischem Skelettmaterial. Im zentralen Blickpunkt stand die Bestimmung der Variabilität der mitochondrialen Haplogruppen einer frühneolithischen Stichprobe aus drei unterschiedlichen Kulturkreisen, welche die Linearbandkeramik (LBK und AVK), die Körös-Kultur und eine Sammelkategorie osteuropäischer spätmeso- und frühneolithischer Kulturen umfasste. Im Vergleich dieser Gruppen untereinander sowie mit Rezentdaten moderner Populationen aus vergleichbaren Gebieten Mittel- und Osteuropas sowie dem Nahen Osten sollten bestehende Modelle und Hypothesen zur Neolithisierung Mitteleuropas geprüft werden. Insgesamt konnte für 43 neolithische Individuen aus 16 Fundorten der reproduzierbare Nachweis endogener DNA erbracht werden. Eine eindeutige Haplogruppenbestimmung konnte durch die Sequenzierung vier überlappender Fragmente der mitochondrialen Hypervariablen Region I sowie durch RFLP-Analyse zusätzlicher charakteristischer Nukleotidpositionen für alle 43 Individuen durchgeführt werden. Die neolithischen Individuen der Linearbandkeramik sowie der Körös-Kultur zeigten eine hohe Diversität an bekannten europäischen Haplogruppen, wohingegen die kleinere Stichprobe aus dem Gebiet Osteuropas eine auffällige Homogenität aufwies. Neben Frequenzunterschieden zur modernen mitteleuropäischen Bevölkerung war innerhalb der LBK/AVK-Stichprobe eine hohe Frequenz der Haplogruppe N1a festzustellen, welche nicht in den beiden anderen neolithischen Stichproben zu finden war und auch in der heutigen Rezentbevölkerung Eurasiens und Nordafrikas nur mit einer durchschnittlichen Frequenz von 0,2% vertreten ist. Innerhalb der Individuen der Körös-Kultur fanden sich zwei Haplotypen, welche heute nicht in Europa bekannt sind, dagegen jedoch in Süd- bzw. Nordostasien gehäuft vorkommen. Die Ergebnisse der aDNA-Analysen bestätigten im Wesentlichen das komplexe Bild der Neolithischen Transition in Mitteleuropa und konnten die, für diesen Raum postulierte, Hypothese der leap frog colonization weitestgehend unterstützen. Auch für den geographischen Vergleichsraum des nördlichen Osteuropa konnten Parallelen zur etablierten Sichtweise der archäologischen Forschung zu diesem Gebiet und den vorliegenden Ergebnissen der aDNA-Analysen aufgezeigt werden. Die zeitlich verzögerte Annahme der neolithischen Lebensweise im waldreichen nördlichen Osteuropa spiegelt sich in der reduzierten Diversität an mtDNA-Haplogruppen wider. Die vorliegende Dissertation konnte nicht nur durch die Ergebnisse der Haplogruppen-Bestimmung, sondern vor allem durch die umfangreichen und elaborierten Reproduktions- und Authentifizierungprotokolle deutlich machen, dass der Nachweis von humaner alter DNA trotz der allgegenwärtigen, methodenimmanenten Kontaminationsgefahr unter streng kontrollierten Bedingungen möglich ist. Gleichermaßen konnte veranschaulicht werden, dass die aDNA-Analyse wertvolle Hinweise auf das genetische status quo einer Population liefern kann, welche nicht bzw. nur in sehr eingeschränkten Maße von rezenten DNA-Daten abgeleitet werden können. Als sekundäres Ergebnis erlaubte der bislang größte vorliegende Datensatz von ~2500 Klonsequenzen zudem einen detaillierten Einblick in Häufigkeiten und Verteilungsmuster von post mortem Sequenzveränderungen. Es konnten für den mitochondrialen Bereich der Nukleotidpositionen 15997-16409 so genannte hot bzw. cold spots definiert werden, welche für die Auswertung und Interpretation von zukünftigen Sequenzierungen der Hypervariablen Region I des mt-Genoms von entscheidender Bedeutung sein werden.
Resumo:
Die vorliegende Arbeit hat das von 1969 – 1972 ergrabene Inventar der Magdalenahöhle bei Gerolstein unter kritischer Berücksichtigung der Originaldokumentation sowie der stratigraphischen und sedimentologischen Beschreibungen erneut untersucht und v.a. hinsichtlich zweier Arbeitshypothesen überprüft. Daneben fanden jedoch auch die Schmuckobjekte und in kursorischer Weise die Tierknochen Betrachtung. Die Elfenbeinobjekte setzen sich aus elf Fragmenten zusammen, die bereits in zerbrochenem Zustand in die Höhle gelangt sein müssen. Sie sind mit mehreren Linienbündeln verziert, die teilweise aus v- oder zickzack-förmigen Motiven bestehen. Auch gestanzte Punktreihen treten auf. In ihrer Größe und Form sind die Elfenbeinobjekte einzigartig. Lediglich aus der Csákvár-Höhle in Ungarn gibt es vergleichbare Stücke, deren genaue Altersstellung jedoch unklar ist. Daneben kommen in der Magdalenahöhle zwei vollständige durchlochte Hirschgrandeln sowie die Fragmente einer durchlochten Grandel sowie eines durchlochten Wolfzahns vor. Diese tragen teilweise Spuren einer Aufhängung bzw. Befestigung. Der Grund für ihre Niederlegung vor Ort ist indes nicht endgültig zu klären. Die überlieferten Tierknochen besitzen verschiedene Grade von Verfärbung und Erhaltung, lassen sich dadurch jedoch nicht verschiedenen Schichten zuordnen. Neben Modifikationen von Carnivoren, darunter v.a. durch Verdauungsprozesse, sind auch an einigen Exemplaren Schnittspuren festgestellt worden. Eine Bärenphalange aus der Fundschicht b1 eröffnet so die Perspektive, die menschliche Belegung erneut mit der Radiokohlenstoffmethode direkt zu datieren. Der Untere paläolithische Fundhorizont besteht aus relativ unspezifischen Quarzartefakten, die von einer opportunistischen Abschlags- und Werkzeugsgewinnung aus lokalen Schottern zeugen. Für den Oberen paläolithischen Fundhorizont zeigt die Steinartefaktanalyse, dass die Abschläge als Herstellungsreste dünner bifazieller Geräte angesprochen werden können. Während dieser Befund alleine auch im Zusammenhang mit den spätmittelpaläolithischen Blattspitzengruppen gesehen werden kann, sprechen die bereits erwähnten vergesellschafteten Schmuckobjekte, der Nachweis eines Klingenabbaus sowie die fast ausschließliche Verwendung exogenen Rohmaterials für einen jungpaläolithischen Kontext, d.h. für eine Affinität zum Solutréen. Die Steinartefakte der Magdalenahöhle zeugen gleichzeitig von einer sehr mobilen Lebensweise, da lediglich eine Phase des Herstellungsprozesses des bifaziellen Geräts vor Ort stattgefunden hat. Gleichzeitig wurden früher an anderem Ort gewonnene Abschläge mitgebracht und als Werkzeug verwendet. Ebenso wie der Kern selbst wurden Abschläge auch wieder abtransportiert. Insgesamt kann daher eine Rohmaterial konservierende Strategie rekonstruiert werden, in der neben dem Kern als Gerät selbst auch die Abschläge Verwendung finden. Da die Magdalenahöhle als östlicher Niederschlag des Solutréen und als Beleg für das maximale Verbreitungsgebiet dieses Technokomplexes gewertet werden muss, reiht sie sich in eine Reihe von Fundstellen und Argumenten ein, wonach das zentrale Mitteleuropa während des LGM s.l. nicht menschenleer war, sondern in sporadischen Exkursionen begangen wurde. Obwohl sich daran noch keine dauerhafte Wiederbesiedlung anschloss, muss vom Bild einer absoluten Siedlungsleere Abstand genommen werden. Weitere Fundstellen und absolutchronologische Datierungen, u.a. der Magdalenahöhle, könnten in Zukunft zu einem noch besseren Verständnis der menschlichen Anpassungsstragien an kaltzeitliche Umwelten beitragen.