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Ein durchgängiger Befund internationaler Schulleistungsvergleichsstudien bezieht sich auf die niedrigere Lesekompetenz von Jungen im Vergleich zu Mädchen (OECD, 2010). Ziel der vorliegenden Arbeit war, zu prüfen, welchen Einfluss negative Stereotype – im Sinne der Stereotype Threat-Theorie (Steele & Aronson, 1995) – auf die Leseleistung von Jungen haben. Basierend auf Befunden aus der Lese- und Stereotype Threat-Forschung wurde ein Mediator-Moderator-Modell des Stereotype Threat-Effekts (vgl. Schmader, Johns & Forbes, 2008) auf die Leseleistung von Jungen abgeleitet und überprüft. Um diese Fragestellungen zu beantworten, wurden zwei quasiexperimentelle Untersuchungen mit Schülern achter und neunter Klassen durchgeführt. An der ersten Untersuchung nahmen insgesamt 167 Schüler (n = 69 Jungen, n = 98 Mädchen) zweier Gymnasien in privater Trägerschaft teil. Um die Fragestellungen an einer weniger selektiven Stichprobe untersuchen zu können, erfolgte eine zweite Untersuchung mit Schülern (N = 441) öffentlicher Schulen und verschiedener Schulformen, wobei der Fokus ausschließlich auf den männlichen Schülern (n = 188 Jungen; n = 122 Gymnasiasten, n = 66 Realschüler plus) lag. Für beide Experimente kann zusammenfassend festgehalten werden, dass sich, entgegen der Erwartungen, kein leistungsmindernder Stereotype Threat-Effekt auf die Leseleistung von Jungen zeigte. Ferner konnten keine signifikante Mediatoren und Moderatoren eines leistungsmindernden Stereotype Threat-Effekts auf die Leseleistung von Jungen identifiziert werden. Ziel zukünftiger Forschung muss sein, den Einfluss negativer Stereotype auf die Leistungen männlicher Probanden im Sinne von Mitgliedern dominanter Gruppen zu untersuchen. Besonderes Augenmerk sollte auf die stereotypisierte Fähigkeitsdomäne gelegt werden. Weiterhin ist wichtig, der Frage nach zugrunde liegenden Prozessen und Voraussetzungen für das Erleben von Stereotype Threat nachzugehen. Studien weisen darauf hin, dass unterschiedlich stigmatisierte Gruppen unterschiedlich auf Stereotype Threat reagieren. Daher sollte der Fokus zukünftiger Forschung darauf liegen, die Prozesse und Voraussetzungen näher zu untersuchen, die für Mitglieder sonst positiv stereotypisierter Gruppen in solchen Situationen zum Tragen kommen.