94 resultados para Mythos
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Im Dezember 1997 veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung den als Rechtsgutachten abgefassten Beitrag des Heidelberger Juristen Friedrich-Christian Schoeder (Schroeder 1997). Die Frage, die Autor und Zeitung eher spielerisch als aus konkretem Anlass umtrieb, galt dem rechtlichen Status eines Menschen, dessen Kopf auf den Körper eines anderen Menschen transplantiert wurde. Medizinisch waren und sind solche Eingriffe noch nicht durchführbar, aber immerhin schienen sie für den Autor und die Zeitung eine Aktualität zu besitzen. Auch bei folgenden Auseinandersetzungen, die in den Medien um die Konsequenzen der medizinisch-technischen Entwicklung geführt wurden, geraten Bewusstsein, Subjektivität und Körper zum statischem Abbild des Gegenwärtigen, sie werden nicht als Substrat historischer Prozesse begriffen. Ohne den Begriff der Vergangenheit plaudern sich eine Vielzahl Autoren durch die Zukunft. In dieser muss auch der auf einen fremden Körper übertragene Kopf als Rechtssubjekt verwaltet werden. Aber wie verändert sich der Mensch, durch eine medizinische Maßnahme vervollständigt, die dauerhaft seine Körpergrenze verschiebt? Die Transplantationsmedizin ist bei der Auseinandersetzung um Subjektivität nicht nur dann von besonderem Interesse, wenn ein Kopf auf, sondern auch, wenn ein gespendetes Organ in einen fremden Körper verpflanzt wird. Die Trennung von Fremd und Eigen, Außen und Innen ist eng mit dem Zivilisationsprozess und der Subjektwerdung verbunden. Was körperlich durch medizinische Maßnahmen verschoben wird, die Grenze zwischen Außen und Innen, ist die Bedingung der Möglichkeit von Subjektivität. Der Titel dieser Arbeit, Der Prothesengott, verweist auf die individuellen und zivilisatorischen Leistungen, die vollbracht werden mussten, um mit Fug und Recht „Ich“ sagen zu können. Der Begriff Prothesengott ist der Freudschen Schrift Das Unbehagen in der Kultur entnommen. Freud schreibt dort vom Ideal des Prothesengottes und das erste Kapitel der hier vorgelegten Arbeit ist der Entfaltung dieses Ideals gewidmet. Dieses Begriffspaar hat mehr Bedeutungsnuancen, als Freud an Ort und Stelle entwickelte. Es umfasst die Bedeutung von Mythos und Gott als Prothesen, als Ideale, die den Menschen vervollständigten. Aber auch die Bedeutung von Theorien, Ideen, schlicht Idealen als Prothesen Gottes ist angesprochen, und damit der Versuch, den Verlust Gottes auszugleichen. Und zu guter Letzt benennt es das Ideal eines Gottes durch Prothesen, die Apotheose, wie Freud sie meinte: Als Vergötzung der Prothesen, mit denen der Mensch sich vervollständigt, um sich nach dem Tod Gottes selber ein Versprechen auf Erlösung sein zu können. Mit dieser Entfaltung soll die Zivilisation wie die individuelle Entwicklung als ein Prozess rekonstruiert werden, in dem Subjektivität gleichzeitig hervorgebracht und beschädigt wird. Diese Dialektik von Zivilisation und Barbarisierung findet ihren vorläufigen Höhepunkt im Fortschreiten der technischen Mittel unserer Zeit. Zur empirischen Fassung der historisch vorfindlichen Subjektivität wurden Patienten der Transplantationseinheit der Universität Leipzig gebeten, in den ersten drei Monaten nach der Operation Tagebücher auszufüllen. Diese Tagebücher wurden mit statistischen und hermeneutischen Methoden ausgewertet. Die Transplantationserfahrung offenbart sich in den Tagebüchern zwar als besondere, aber in eine Vielzahl von Techniken der Körpergestaltung eingebettete Maßnahme. Neben einer kritischen Würdigung des methodischen Vorgehens wird im fünften Kapitel die Transplantationserfahrung in den Kontext anderer Forschungsergebnisse zur Gestaltung des Körpers gestellt. Deren kritische Diskussion und die Transplantationserfahrungen bieten einen Ausblick darauf, was Eingedenken der Natur im Subjekt heute bedeuten kann.
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Aufgrund der breiten aktuellen Verwendung des Mythen-Begriffs in Kunst und Werbung, aber darüber hinaus auch in nahezu allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens und vor allem in der Philosophie ergibt sich die Notwendigkeit, einen erweiterten Mythos-Begriff über das Historisch-Authentische hinaus zu verfolgen. Ausgehend von einer strukturalen Annäherung an den Mythos-Begriff im Sinne des von Roland Barthes vorgeschlagenen sekundären semiologischen Systems, d.h. einer semiologischen Sinnverschiebung zur Schaffung einer neuen – mythischen – Bedeutung, fordert diese neue Bedeutung eine Analyse, eine Mythenanalyse heraus. Dies ist deshalb so entscheidend, weil eben diese neue Bedeutung ihr mythisches Profil im Sinne von Hans Blumenberg durch forcierte Bedeutsamkeit für Individuen oder für bestimmte gesellschaftliche Gruppierungen unterlegt, z.B. durch bewusst intensive Wiederholung eines Themas oder durch unerwartete Koinzidenzen von Ereignissen oder durch Steigerung bzw. Depotenzierung von Fakten. Der erweiterte Mythen-Begriff verlangt nach einer Strukturierung und führt dabei zu unterschiedlichen Mythen-Ansätzen: zum Ursprungsstoff des authentischen Mythos und darauf basierender Geisteslage, zum Erkennen eines reflektierten Mythos, wenn es um das Verhältnis Mythos/Aufklärung geht, zum Zeitgeist-Mythos mit seinen umfangreichen Ausprägungen ideologischer, affirmativer und kritischer Art oder zu Alltagsmythen, die sich auf Persönlichkeitskulte und Sachverherrlichungen beziehen. Gerade der letztere Typus ist das Terrain der Werbung, die über den Gebrauchswert eines Produktes hinaus Wert steigernde Tauschwerte durch symbolische Zusatzattribute erarbeiten möchte. Hierbei können Markenmythen unterschiedlichster Prägung entstehen, denen wir täglich im Fernsehen oder im Supermarkt begegnen. Die Manifestation des Mythos in der Kunst ist einerseits eine unendliche Transformationsgeschichte mythischer Substanzen und andererseits ein überhöhender Bezug auf Zeitgeisterscheinungen, etwa bei dem Mythos des Künstlers selbst oder der durch ihn vorgenommenen „Verklärung des Gewöhnlichen“. Die Transformationsprozesse können u.a . prototypisch an zwei Beispielketten erläutert werden, die für den Kunst/Werbung-Komplex besonders interessant sind, weil ihr Charakter sich in einem Fall für die Werbung als äußerst Erfolg versprechend erwiesen hat und weil sich im zweiten Fall geradezu das Gegenteil abzeichnet: Zum einen ist es die Mythengestalt der Nymphe, jene jugendliche, erotisch-verführerische Frauengestalt, die über ihre antiken Wurzeln als Sinnbild der Lebensfreude und Fruchtbarkeit hinaus in und nach der Renaissance ihre Eignung als Verbildlichung der Wiederzulassung des Weiblichen in der Kunst beweist und schließlich der Instrumen-talisierung der Werbung dient. Im anderen Fall ist es die Geschichte der Medusa, die man idealtypisch als die andere Seite der Nympha bezeichnen kann. Hier hat Kunst Auf-klärungsarbeit geleistet, vor allem durch die Verschiebung des medusischen Schreckens von ihr weg zu einer allgemein-medusischen Realität, deren neue Träger nicht nur den Schrecken, sondern zugleich ihre Beteiligung an der Schaffung dieses Schreckens auf sich nehmen. Mythosanalyse ist erforderlich, um die Stellungnahmen der Künstler über alle Epochen hinweg und dabei vor allem diese Transformationsprozesse zu erkennen und im Sinne von Ent- oder Remythologisierung einzuordnen. Die hierarchische Zuordnung der dabei erkannten Bedeutungen kann zu einem Grundbestandteil einer praktischen Philosophie werden, wenn sie einen Diskurs durchläuft, der sich an Jürgen Habermas’ Aspekt der Richtigkeit für kommunikatives Handeln unter dem Gesichtspunkt der Toleranz orientiert. Dabei ist nicht nur zu beachten, dass eine verstärkte Mythenbildung in der Kunst zu einem erweiterten Mythen-begriff und damit zu dem erweiterten, heute dominierenden Kunstbegriff postmoderner Prägung geführt hat, sondern dass innerhalb des aktuellen Mythenpakets sich die Darstellungen von Zeitgeist- und Alltagsmythen zu Lasten des authentischen und des reflektierten Mythos entwickelt haben, wobei zusätzlich werbliche Markenmythen ihre Entstehung auf Verfahrensvorbildern der Kunst basieren. Die ökonomische Rationalität der aktuellen Gesellschaft hat die Mythenbildung keines-wegs abgebaut, sie hat sie im Gegenteil gefördert. Der neuerliche Mythenbedarf wurde stimuliert durch die Sinnentleerung der zweckrationalisierten Welt, die Ersatzbedarf anmeldete. Ihre Ordnungsprinzipien durchdringen nicht nur ihre Paradedisziplin, die Ökonomie, sondern Politik und Staat, Wissenschaft und Kunst. Das Umschlagen der Aufklärung wird nur zu vermeiden sein, wenn wir uns Schritt für Schritt durch Mythenanalyse unserer Unmündigkeit entledigen.
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Aus der Einleitung: "Der 'Mythos von der Krise der Kinder- und Jugendarbeit' (Pothmann/ Thole 2001, S. 91) scheint Realität zu werden. Wird der öffentlichen Kommunikation vertraut, dann ist die Kinder- und Jugendarbeit in ihrer Existenz ernsthaft gefährdet (vgl. Hafeneger 2005). Meldungen, wie 'die Kürzungs- und Streichwut des Hamburger Senats macht auch vor Kindern und Jugendlichen nicht halt' (Frosch 2004), stützen die Vermutung, dass 'die offene Jugendarbeit den Bach hinunter geht' (Lass 2004), also ihrem Kollaps immer näher kommt. Entsprechende Diagnosen sind nicht neu und begleiten die Analysen zur Kinder- und Jugendarbeit seit ihren Anfängen (vgl. Thole 1988). Als belastbare, verallgemeinerbare Beschreibungen über den Zustand des Arbeitsfeldes der Kinder- und Jugendhilfe taugten sie bislang allerdings eher wenig. Gegenwärtig jedoch scheint die von so vielen artikulierte 'gefühlte Wirklichkeit' zum Zustand der Kinder- und Jugendarbeit mit den realen Fakten in Übereinstimmung zu kommen. Bedrohlich wirkt nicht nur, dass der Kinder- und Jugendarbeit angesichts der desolaten Lage der öffentlichen Haushalte die Gelder gestrichen werden. Noch schwerer wiegen derzeit die sich deutlich abzeichnenden strukturellen Veränderungen im Bildungs-, Erziehungs- und Sozialwesen. Konkret für die Kinder- und Jugendarbeit sind in diesem Zusammenhang die vor allem in Ostdeutschland in den nächsten Jahren dramatischen demographischen Veränderungen zu benennen, die der jetzt noch bestehenden Infrastruktur zur Kinder- und Jugendarbeit wohl die Legitimation entziehen werden. Gleichermaßen virulent ist – insbesondere bezogen auf die Gestaltung von Nachmittagsangeboten – das sich verändernde Verhältnis von Kinder- und Jugendhilfe insgesamt und hier insbesondere von Kinder- und Jugendarbeit und Schule. Sicherlich ist noch nicht entschieden, welche Richtung eine Zusammenarbeit dieser beiden Sozialisationsagenturen einnimmt und welche Rolle der Kinder- und Jugendarbeit hierbei zufällt. Sicher scheint derzeit nur, dass Kinder- und Jugendarbeit am Ende des gegenwärtigen Neubestimmungsprozesses ein anderes Gesicht haben wird. Auf die Larmoyanzen, die sich gegenwärtig angesichts dieser Situation zeigen, wiesen unlängst Nanine Delmas und Werner Lindner (2006) nachdrücklich hin. Nach einigen rückblickenden Erinnerungen (1.), werde ich in drei Zugängen den Bildungsgedanken im Hinblick auf die Kinder- und Jugendarbeit diskutieren und abschließend resümieren (4.) Ausgehend von den Ergebnissen eines DFG-Projektes 'Ko.perform' (2.) wird Bildung als eine Grundvokabel der Kinder- und Jugendarbeit vorgestellt (3.). Anschließend möchte ich unter Hinweis auf die Lage der Generationsverhältnisse diese Markierung problematisieren (4.). Abschließend möchte ich die Stärken der Kinder- und Jugendarbeit nochmals pointiert benennen."
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O Pensamento de Platão tem o encanto das estátuas de Dédalo: esvai-se pelos meandros do discurso, tão logo se pretenda travar com ele uma relação de domínio. A sua correta interpretação exige que se assuma a Polis como o lugar natural no qual emerge, como a limitação que ele se propõe superar remontando à Fysis e ao Ser. Fazê-lo importa em captar o movimento que lhe é próprio, partindo da questão sobre o ente e visualizando a resposta como o enunciado de sua essência, isto é, do eidos, e de seu fundamento, isto é, do Bem como nome próprio do Ser. Determinando o ente em sua essência, o eidos é a medida de toda a adequação, da episteme à Polis.
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Estabelece reflexões sobre as repercussões da atividade turística em um município amazônico, o de São domingos do Capim (Pará). Ao longo de seu desenvolvimento no espaço local, o turismo, explorando a imagem de uma Amazônia que reúne aventuras, mitos e lendas, através do fenômeno da "pororoca", tem provocado repercussões sócioespaciais no Município do ponto de vista de suas práticas cotidianas. Leva-se em conta que a atividade do turismo num município do interior do Pará, com características híbridas de espaço (ribeirinho e urbano) reestrutura temporalidades diversas, redefinindo, em conseqüência, formas e conteúdos do espaço local. Na presente análise, busca-se evidenciar o espaço vivido local e sua relação com a intensificação da atividade turística, em particular a dimensão cotidiana ribeirinha. Para tanto, a pesquisa utilizou-se da dialética espacial (LEFEBVRE, 1981) como reflexão diante da produção do espaço, tendo em vista os agentes envolvidos. No trabalho de campo, foram entrevistadas cinco categorias essenciais na produção do espaço: população local, turistas, patrocinadores, governo do Estado do Pará e poder público local. Os resultados revelaram haver concepções e intencionalidades diferentes relacionadas à inserção da atividade turística no Município, bem como seu planejamento e sua programação conflitaram com a dimensão do vivido ribeirinho.
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Große Dramendichtung kann nur in historischen Umbruchszeiten wie der Antike, der Reformationszeit und im 19. Jahrhundert, also zu Lebzeiten Friedrich Hebbels, entstehen. Das schreibt Hebbel im Vorwort zu seinem bürgerlichen Trauerspiel „Maria Magdalena“. Die großen Zeiten der Tragödien sind Zeiten umwälzender Veränderungen. Im langen 19. Jahrhundert, zwischen Revolution und Restauration, zwischen Reformen und Reaktion, zwischen Hoffnungen auf Demokratie, Nationalstaatlichkeit, zwischen Josephinismus und Ära Metternich, waren die Voraussetzungen für ein Jahrhundert der Tragödie gegeben. Zwei der bedeutendsten Dramatiker des 19. Jahrhunderts, Franz Grillparzer und Friedrich Hebbel, sind Thema der Dissertation. Dabei hat die Arbeit mit der Diskursivierung von Fremdheit und Fremde eine Neuperspektivierung ausgewählter Dramen geleistet, die so in der Forschung noch nicht existiert, wobei diese Perspektive in der Forschung bereits angelegt war. Die hier vorliegende Arbeit hat das „Phänomen der Fremde“, wie Günther Häntzschel es in einem Aufsatz nennt, in den Dramen „Judith“, „Gyges und sein Ring“ und „Die Nibelungen“ von Hebbel und in den Dramen „Das goldene Vließ“, „Die Jüdin von Toledo“ und „Libussa“ von Grillparzer untersucht. Die zentralen Begriffe „Fremde“ und „Fremdheit“ wurden dabei als literarische Topoi, um methodisch besser mit ihnen operieren zu können, in verschiedene Dimensionen der Fremdheit unterteilt: Dabei wurde neben der „Fremdheit der Kulturen“ und der „Fremdheit zwischen den Geschlechtern“ auch die Fremdheit zwischen dem „mythischen Rand der Welt“ und dem „Horizont der Vernunft“ untersucht. Ferner widmete sich ein Kapitel dem Thema Entfremdung und Selbstentfremdung, eine Dimension der Fremdheit, die ebenfalls für die Dramenanalyse relevant ist.
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Die vorliegende Arbeit untersucht die Formästhetik im Kunstdenken der Moderne. Bedeutend ist, dass im Zusammenhang mit der Formästhetik meist auch gewisse ästhetische Anthropologieentwürfe entstehen. In Ermangelung geeigneter Definitionsansätze wird die Form, frei von Vordeutungen, als dynamisches Konstrukt betrachtet. Dementsprechend verändert sich auch der Blick auf die anthropologischen Konzepte der untersuchten Texte. Bei allen behandelten Autoren wird deutlich, dass der Verlust absoluter Werte, der sich in der Moderne immer weiter ausdifferenziert, zum Fundament der Kunstanschauung wird. Der Mensch ist einer gewissen Tragik ausgeliefert: Er ist fortan Schöpfer der eigenen Realität, aber auch immer an die Materie gebunden. Dies führt zu einer Widersprüchlichkeit des menschlichen Daseins, für das eine ‚reine Identität’ nicht erreichbar ist. Die Befreiung von der menschlichen Zerissenheit kann scheinbar durch die ästhetische Betrachtung erlangt werden. Die künstlerische Formgebung entlastet von der widersprüchlichen menschlichen Realität und die Kunst wird zum Ideal der Freiheit. Mittels der schöpferischen Kraft kann der Mensch ein Bild seiner Menschlicheit formen und bestimmen. Der künstlerischen Form wird der Stellenwert eines Mythos zugeordnet. Eine solche Kunstanschauung birgt Gefahren, denn mit der Erhebung in den Stand eines Mythos wird sie zum absoluten Welterklärungsmodell oder gar zur Ideologie. Tatsächlich fehlt jedoch jegliche ethische Untermauerung in der Lebenswirklichkeit. Die ausgewählten Autoren beleuchten den Diskurs und die ihm innewohnenden Gefahren auf unterschiedliche Art und Weise: Friedrich Schiller, die Denker der Frühromantik, Arthur Schopenhauer, Friedrich Nietzsche, Gottfried Benn, Thomas Mann, Theodor W. Adorno, Elias Canetti und die Denker der Postmoderne. Der subversive Einfluss der unterschiedlichen Formentwürfe wird bei mehr als einem Autor deutlich. Daher ist die Frage, wie eine ideologische Vereinnahmung dieser Ideenkonstrukte verhindert werden kann. Dies führt zu einer Neudefinition der Formästhetik. Neuer Fixpunkt muss die Realität des Denkens sein, d.h. Realität und Idee dürfen nicht im Kontrast, sondern müssen in Relation betrachtet werden, denn schließlich ist es diese Relation, die den Menschen zu bestimmen scheint. Die Distanz von Ästhetik und Realität muss bewusst und kritisch hinterfragt werden, um zu einer ‚Ästhetik des Negativen’ zu führen.
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In den Briefen 4, 6, 11 und 12 der Heroides hat Ovid direkt oder indirekt Figuren des Mythos zum Gegenstand seiner Dichtung gemacht, die den zeitgenössischen wie auch den heutigen Rezipienten insbesondere durch Tragödien des Euripides bekannt sind. Die zu Beginn dieser Arbeit dazu durchgeführte historische Analyse der grundsätzlichen Bedingungen der Rezeption der Tragödien des Euripides in der Zeit Ovids zeigt, dass der römische Dichter für ein intertextuelles Dichten in den Heroides die Werke des griechischen Tragikers als Prätexte nutzen konnte, da die Rezipienten über die theoretische und praktische Kompetenz verfügten, entsprechende Verweisungen zu identifizieren, diese in einem Prozess der intertextuellen Lektüre zu dekodieren und den Text auf diese Weise zu interpretieren. Eine Beschreibung dieses antiken literarischen Kommunikationsprozesses zwischen Ovid und seinen Rezipienten erfolgt dabei mit den Mitteln einer für die Euripidesrezeption Ovids konkretisierten Intertextualitätstheorie (Kapitel A.I und II). Die ausführlichen Interpretationen zu den Heroides-Briefen 12, 6, 4 und 11 sowie zur Rezeption des Medea-Prologs in verschiedenen Gedichten Ovids (Kapitel B.I bis V) zeigen, dass der römische Dichter verschiedene Formen intertextueller Verweisungen nutzt, um in den bekannten Geschichten von Medea, Hypsipyle, Phaedra und Canace bislang ungenutztes narratives Potential zu entdecken und auf dieser Grundlage eine alte Geschichte neu zu erzählen. Das in der Forschung bereits vielfach beschriebene Prinzip Ovids des idem aliter referre ist in den untersuchten Texten konkret darauf ausgerichtet, die aus den Tragödien bekannten Heroinen in einer bestimmten Phase ihrer Geschichte zu Figuren einer elegischen Welt werden zu lassen. Diese neu geschaffene elegische Dimension einer ursprünglich tragischen Geschichte dient dabei nicht einer umwertenden Neuinterpretation der bekannten tragischen Figur. Vielmehr lässt Ovid seine Briefe zu einem Teil des Mythos werden, zu einem elegischen Vorspiel der Tragödie, die einen durch Euripides vorgegebenen Rahmen des Mythos erweitern und damit zugleich zentrale Motive der tragischen Prätexte vorbereiten. Ovid gestaltet aus, was in dem von Euripides initiierten Mythos angelegt ist, und nutzt das elegische Potential der tragischen Erzählung, um das Geschehen und vor allem die Heroine selbst in seinem Brief zur Tragödie hinzuführen. Damit bereitet Ovid in den Heroides die weitere Entwicklung der äußeren tragischen Handlung vor, indem er vor allem eine innere Entwicklung der von ihm geschaffenen Briefschreiberin aufzeigt und auf diese Weise jeweils aus einer von ihm geschaffenen elegischen Frau jene tragische Heldin werden lässt, die den Rezipienten aus der jeweiligen Tragödie des Euripides bekannt ist. Die sich daraus notwendigerweise ergebenden Spannungen und Interferenzen zwischen den Erwartungen der Rezipienten und der Realität der von Ovid neu gestalteten Figur in ihrem elegischen Kontext werden von dem römischen Dichter produktiv genutzt und durch die im Text initiierte Entwicklung aufgehoben. So scheinen dann letztlich aus den Elegien Ovids die Tragödien des Euripides hervorzugehen.
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Die Dissertation erschließt einen bislang unberücksichtigten Teil der Filmgeschichte: die cinematische Adaption altorientalischer Sujets in Gestalt monumentalistischer Bild-Epen. Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert: Die erste beleuchtet die Entwicklung des westlichen Orientalismus mit Augenmerk auf den Alten Orient anhand biblischer und antiker Quellen, orientalischer Märchen, Reiseberichte, Malerei, Operngeschichte und, schlaglichtartig, weiterer kulturhistorischer Gebiete. Hinzu kommen die neuen, Fachwelt wie Öffentlichkeit überwältigenden, Erkenntnisse durch die Archäologie im 19. und frühen 20. Jh. Teil II konzentriert sich auf die Analyse von Stummfilmen, die die altorientalische Antike oder alttestamentliche Quellen mit Bezug zum Alten Orient thematisieren. Diese stammen aus Frankreich, Italien, Österreich und den USA. Dabei konnte herausgearbeitet werden, dass bis zum Jahr 1914 die französischen Produktionen dem Selbstverständnis nach eher dem Genre Historienfilm unterstanden, die italienischen wiederum dem Genre des, zunehmend spektakulärer werdenden, Antikfilms. Der von beiden Filmstandorten seinerseits zwar beeinflusste frühe amerikanische Film basiert hingegen vor allem auf dem protestantischen Bibelverständnis der eigenen Landesgeschichte und Religiosität. Ein eigenes Kapitel widmet sich Griffiths Babylon(kon-)version in INTOLERANCE aus dem Jahr 1916, bei dessen Untersuchung nicht nur die archäologischen, sondern auch sämtliche historischen wie literarischen Bezüge erstmals auf ihre Quellen zurückverfolgt wurden und bis dahin vorhandene Widersprüche somit geklärt werden konnten. Griffiths Interpretation der Quellen trug dazu bei, dass Babylon bzw. sein Mythos zum ersten und letzten Mal eine positive Konnotation erfuhr. Ein weiterer Schwerpunkt bis zum Jahr 1928 liegt auf der gender-Thematik, speziell auf der femme fatale in Gestalt von historischen, legendären und fiktiven altorientalischen Frauenfiguren wie der Königin von Saba, Delilah, Judith oder Semiramis. Darüber hinaus spiegeln die Filme der 1920er Jahren auch das Bild vom Neuen Babylon. Bis zum Ende der Stummfilmzeit kann abschließend von einer direkten Traditionslinie zu den Klischees des Orientalismus sowie zum Assyrian revival des 19. Jh. gesprochen werden. Dies ändert sich im dritten Teil der Arbeit, der sich mit der zweiten Blütezeit des Monumentalfilms während der 1950er und 1960er Jahre befasst. Teil III enthält daher sämtliche, heute noch verfügbaren Tonfilme, die den Alten Orient rezipieren. Diese entstammen den Produktionsstätten Hollywood und Cinecittà. Was die US-Filme betrifft, so konnte erneut ein Fokus auf dem amerikanischen Bibelverständnis herausgearbeitet werden, diesmal jedoch speziell auf dem Antagonismus zwischen Babylon und Zion. Denn dieser diente seitens der Regisseure auch der Legitimation der zeitgenössischen Nahostpolitik aus der Geschichte heraus. Darüber hinaus spiegeln die antiken Frauenfiguren die Rolle der Frau in der amerikanischen Gesellschaft während dieser Zeit. Die italienischen Produktionen dieser Jahre hingegen zeigen, so konnte dargelegt werden, dass diese Filme die altorientalische Antike vielmehr dergestalt inszenieren, wie sie bereits seit Jahrhunderten vor allem durch die griechisch-römische Geschichtsschreibung, Literatur und Operntradition Italiens Teil einer, nicht auf Moral basierenden, landestypischen Motivgeschichte gewesen war, derer sich auch der Film lustvoll bedient. Bei allen Produktionen wurden, als spezifische Aspekte, stets alle recherchierbaren Informationen zum Film, seiner Entstehung und seiner Handlung, zu seinen Kulissen und Kostümen, zu sämtlichen Inspirationsquellen sowie zeitgenössische Kritiken berücksichtigt. Die abschließenden Bewertungen innerhalb der einzelnen Filmkapitel fließen in einem Fazit zur jeweiligen Epoche ihrer Entstehung zusammen.