105 resultados para Kult
Resumo:
Der Tod der deutschen Kolonialpioniere stellte dem Anschein nach ein ideales Feld nationaler Identifikation dar. Die Männer der ersten Stunde hatten afrikanisches Territorium gegen die Unbilden der Natur und die Widerstände der einheimischen Bevölkerung in Besitz genommen. Die Erinnerung an die toten Helden konnte daher sinnfällige Mythen nationaler Erfolgsgeschichte bereitstellen. Der Beitrag überprüft am Beispiel der beiden zeitgenössisch bei weitem bekanntesten deutschen Kolonialpioniere Hermann von Wissmann und Carl Peters, welche Formen und Funktionen der Totenkult um die Kolonialheroen des Kaiserreichs hatte. Beisetzungsfeiern, Nachrufe, Denkmäler und Nachwirkungen werden betrachtet, bevor abschließend vergleichende allgemeinere Schlussfolgerungen gezogen werden. Dabei zeigt sich, dass die Ehrung der Kolonialhelden allenfalls oberflächlich zur nationalen Integration beitrug. Vielmehr wurde der Kult um die Kolonialpioniere, der schon zu Zeiten des Kaiserreichs vor allem auf die Kolonialbewegung selbst zurückging und vom Reich nur mit Zurückhaltung unterstützt wurde, zunehmend zur Kritik an der Berliner Politik genutzt. Er diente der Rechtfertigung und Schuldzuweisung. Im Kolonialrevisionismus nach 1918 bestätigt sich dieser Befund.
Resumo:
In dem Beitrag wird der Genesis des Totenkults von 1848/49 und ebenso des Kults um lebende Revolutionsheroen sowie den Formen, den Wandlungen und der Funktion der darauf basierenden Erinnerungskulturen nachgegangen. Gezeigt wird u.a. erstens, dass der revolutionäre Totenkult in Deutschland nicht geeignet war, zu einem Nationalmythos zu werden, der die verschiedenen sozialen Gruppen und politischen Strömungen einte. Die öffentliche Erinnerung an die gefallenen Revolutionäre spaltete die Nation vielmehr nachhaltig, in Deutschland, nicht dagegen in anderen europäischen Ländern wie Ungarn oder Italien. Die pathetisch-feierliche Erinnerung an die unterschiedlichen Toten der Revolution von 1848/49 und die jenen unterschobene politische Sendung gab den Parteien jedenfalls in Deutschland überhaupt erst Kontur. Die entstehende Linke wie die Rechte verstanden sich als Testamentsvollstrecker des vermeintlichen politischen Willens der im Kampf gefallenen Revolutionäre bzw. ihrer Kontrahenten, der im Kampf „für König und Vaterland“ getöteten Soldaten. Der Totenkult wurde – erstens – für beide Seiten zum politischen Code; für die Linke markiert er zugleich den Beginn einer Art revolutionärer Familientradition. Der Totenkult, gleich welcher Couleur, implizierte Inklusion – und ebenso Exklusion: War der Totenkult zum politischen Code geworden, wurde ihm als zusätzliches Element das politische und soziale Gegenüber als Feindbild implementiert. Kollektive Ausgrenzung erlaubte, die jeweiligen, zumeist komplexen historisch-politischen Konfliktkonstellationen auszublenden bzw. auf griffige und personalisierte Grundmuster zu reduzieren. Zweitens: Obgleich zur ‚Parteisache’ geworden, war der von einer mal kleineren, mal größeren Minderheit zelebrierte Totenkult um die am 18. März 1848 in Berlin gefallenen Barrikadenkämpfer in der gesamtnationalen Erinnerung latent immer präsent. Drittens: Die Totenkulte sowie die politische Funktionalisierung von Begräbnissen sollten nicht den Blick dafür verstellen, dass ihnen schon relativ bald ein gleichfalls quasi-religiös aufgeladener Kult um herausragende lebende Revolutionäre wie Friedrich Hecker u.a. an die Seite trat. Auch dieser überlebte das Revolutionsjahr 1848 um Jahrzehnte, im Grunde – ruft man sich die zahlreichen Hecker-Devotionalien des Jahres 1998 in Erinnerung – bis heute.