14 resultados para Handlung
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Resumo:
Der oft postulierte Zusammenhang zwischen sozialer Schichtung und Kriminalität ist weder theoretisch abgesichert noch empirisch eindeutig belegt. Ausgehend von der ökonomischen Theorie Gary S. Beckers wird ein erweitertes Modell kriminellen Handelns entwickelt, welches den Einfluss der Schichtzugehörigkeit auf die subjektive Wahrnehmung von Kosten, Nutzen und Entdeckungs-bzw. Erfolgswahrscheinlichkeit krimineller Handlungsalternativen einbezieht. Ferner werden die ebenfalls über die Klassenlage determinierten Anreize (Gelegenheitsstrukturen) und die Internalisierung von Normen („framing“) in das ökonomische Modell integriert. Das Modell wird anhand von Daten aus dem ALLBUS 1990 und 2000 für die Delikte Ladendiebstahl und Steuerbetrug überprüft. Entsprechend den theoretischen Erwartungen kann kein genereller negativer Zusammenhang zwischen Schichtzugehörigkeit und kriminellem Handeln festgestellt werden, wohl aber ein Zusammenhang zwischen Klassenlage und Delikttyp. Sozialstrukturell divergierende Erwartungen hinsichtlich Erfolg einer kriminellen Handlung und Gelegenheitsstrukturen sind bedeutsamer für die Wahl illegaler Handlungsalternativen als Abschreckung durch Strafe oder erwarteter Nutzen aus der Tat. Internalisierte Normvorstellungen machen kriminelle Handlungsalternativen unwahrscheinlich.
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Mittels eines Methodenexperiments mit zwei randomisierten Versuchsgruppen (N jeweils 200) und einer Kontrollgruppe (N=200) wird untersucht, ob und in welchem Ausmaß Geschenke bei einer postalischen Befragung zur Erhöhung der Ausschöpfungsquote beitragen. Es zeigt sich, dass ein versprochenes Geschenk (Telefonkarte im Wert von 10 Schweizer Franken) die Ausschöpfungsquote nicht erhöht, während ein dem Fragebogen beigelegtes Geschenk zu einem Anstieg der Quote um zirka 10 Prozentpunkte führt. Die Befunde stehen in Einklang mit der Reziprozitätshypothese, derzufolge Vorleistungen von vielen Personen auch dann honoriert werden, wenn die reziproke Handlung nicht dem unmittelbaren Eigeninteresse eines Akteurs entspricht.
Resumo:
Im vorliegenden Band geht es darum, den in der Linguistik früh etablierten Antagonismus zwischen Deskriptivismus und Kritik/Normativität/Präskriptivismus aus unterschiedlichen innerdisziplinären Blickwinkeln und Positionen zu reflektieren und zu hinterfragen. Ausgehend von der Beobachtung, dass Diskurse in den zur Diskussion stehenden Ansätzen einer linguistischen Diskursforschung semiotische Strukturen, Prozesse, Praktiken, Ereignisse oder Potentiale mit Wirklichkeit repräsentierender, wirklichkeitskonstitutiver und wirklichkeitsverändernder sowie aussagenregulativer Funktion sind, ist es das Ziel des Buches, die innerdisziplinär auseinanderlaufenden und (potentiell) konvergierenden Entwicklungen zur linguistischen Sprach-, Interaktions-, Wissens- und Machtanalyse vergleichend und gegebenenfalls auch integrativ aufeinander zu beziehen. Der vorliegende Band ist mithin als Forum für die Betrachtung und Darstellung von tatsächlichen und möglichen Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen sogenannter „deskriptiver“ und sogenannter „kritischer“ Diskursanalyse konzipiert. Von Interesse sind in den Beiträgen unter anderem Fragen zum Wissenschaftsverständnis und Erkenntnisinteresse der jeweiligen Ansätze einer Diskursanalyse, zu ihrer möglichen normativen Fundierung, zur semiotischen Analyse der Multimodalität von Diskursen, zur sozialen Stratifizierung „gesellschaftlicher Redeweisen“, zu Sprachideologien und Sprachidealen, zum Verhältnis von Sprache, Diskurs und Handlung, zu diskursiv konstituierter Sozialsymbolik, zur diskursrelevanten Framestruktur von Wissen, zur Anwendungsperspektive von Diskursforschung und zu Fragen der praktischen Bedeutung diskursanalytisch gewonnener Erkenntnisse.
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Intertextuality imposes vulnerability – unter diesem Motto entwickelt der Renaissance-Forscher Thomas M. Greene die These, dass Texte im Zuge von Prozessen der Übertragung und Aneignung ‚verwundbar’ werden (Thomas M. Greene, The vulnerable text, New York 1986). Die so verstandene ‚Verwundbarkeit’ sei insbesondere ein Symptom vormoderner Textualität, die Texte zumeist ‚aus zweiter Hand’ produziere und den Begriff der ‚Originalität’ noch nicht kenne: „Part of the text’s vulnerability lies in its dependence on second hand signifiers, a vulnerability aggravated in a culture which does not yet fetishize originality.“ Während Greenes Ansatz in der Altgermanistik bereits im Hinblick auf die zwischen der Eigengesetzlichkeit vormoderner Texte und deren philologischer Erschließung bestehende Spannung zur Anwendung gebracht und problematisiert wurde (so von Christian Kiening für den ›Ackermann‹: Schwierige Modernität, Tübingen 1998), harrt er in Bezug auf das Verständnis von Intertextualität noch der altgermanistischen Auseinandersetzung. Diese versucht der eingereichte Vorschlag mit einem Fallbeispiel in Gang zu bringen. Als Textgrundlage werden Chrétiens ›Perceval ou le Conte du Graal‹ und dessen Aneignung durch Wolfram von Eschenbach gewählt, dies im Blick auf die Anfortas- und Sigune-Handlung (was es ermöglicht, den ›Titurel‹ mit einzubeziehen). Der Beitrag geht (im Anschluss an Jean Fourquet, Wolfram d’Eschenbach et le Conte del Graal, Paris 1938, 21966) davon aus, dass Wolfram die Bücher III bis VI des ›Parzival‹ (Jugendgeschichte bis zu Kundries Verfluchung wegen der unterlassenen Mitleidsfrage) nach einer handschriftlichen Vorlage des französischen Textes gestaltete, die ihm nach Abschluss dieses Teils abhanden kam. Für die Anfertigung der übrigen Bücher dürfte Wolfram eine anders geartete handschriftliche Vorlage zur Verfügung gehabt haben, was zur Überarbeitung eines bereits in Umlauf befindlichen deutschsprachigen Textes führte, die sich noch in Fassungsvarianten der Überlieferung wiederspiegelt. Aufgrund veränderter intertextueller Relationen wird also Wolframs eigener Text im Zuge der Redaktion ‚verwundbar’. Dieser Sachverhalt soll an Varianzen der Anfortas-Handlung aufgezeigt werden, wie sie insbesondere zwischen Buch V (Parzivals erster Besuch auf der Gralburg) und Buch IX (Parzivals Aufklärung durch den Einsiedler Trevrizent) fassbar werden. Der wunde Anfortas kann dabei auf Handlungsebene als Prototyp der Verletzbarkeit schlechthin gelten – einer Verletzbarkeit, die mit jener des Textes interagiert. Mit in diese Perspektive einbezogen werden sollen Elemente der Sigune-Handlung. Der Vorlagenwechsel veranlasst Wolfram auch im Hinblick auf den Kampfestod von Sigunes Geliebtem Schionatulander (bei Chrétien sind beide Figuren namenlos) zu den erwähnten Adaptationen und hat wohl seinerseits die Entstehung des ›Titurel‹ motiviert, wo die Verletzbarkeit im Umgang mit textlichen ‚Vorlagen’ sogar thematisiert wird: Sigune zerschürft ihre Hände beim Versuch, das beschriftete Brackenseil zu behalten. Das Paradox der ›Titurel‹-Dichtung besteht dabei darin, dass die erwähnte Szene und die darin beschriebene Verwundbarkeit der Figur eine Vorlage thematisiert, die der Text selbst gerade nicht hat. Denn der ›Titurel‹ dürfte unabhängig von einer konkreten Quelle, wie sie Chrétiens ›Perceval‹ darstellt, entstanden sein und besitzt damit gerade jene ‚Originalität’, die Greene im Rahmen seines Konzepts von ‚vulnerabilty’ vormodernen Texten abspricht.
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Figurentheater für ein erwachsenes Publikum findet vermehrt auch auf den institutionalisierten Bühnen des Sprech-, Tanz- und Musiktheaters statt. Diese Entwicklung steht symptomatisch für eine in allen Künsten beobachtbare Tendenz, Genre- und Formgrenzen zu öffnen. Mit der Auflösung strikter Grenzziehungen zwischen den Künsten sowie der Enthierarchisierung der Theatermittel in postdramatischen Formen werden mittlerweile verstärkt auch in Schauspielinszenierungen Puppen, die gleichberechtigt neben den menschlichen Darsteller_innen agieren, eingesetzt (z. B. Frankenstein, Regie: Philipp Stölzl, Theater Basel 2014; Die Brüder Löwenherz, Regie: Ingo Berk, Puppen: Mervyn Millar, Schauspielhaus Zürich 2014; Der Untergang des Hauses Usher, Regie und Puppen: Suse Wächter, Residenztheater München 2015; Merlin oder das wüste Land, Regie: Jan-Christoph Gockel, Puppen: Michael Pietsch, Schauspielhaus Graz 2015). Der seit etwa 20 Jahren beobachtbare massive Entwicklungsschub im west- und zentraleuropäischen Figurentheater ist eng verknüpft mit der Form der offenen Manipulation, bei der Puppenspieler_innen sichtbar die Spielfigur animieren. Inspiriert ist diese offene Spielweise vom traditionellen japanischen Figurentheater Bunraku, bei dem drei sichtbare Puppenspieler eine Figur animieren. Das Bühnengeschehen wird von einem am Seitenrand der Bühne platzierten Rezitator, welcher die Handlung erzählt und den Text aller Figuren spricht, sowie von einem Shamisen-Spieler begleitet. Während für Vertreter der historischen Avantgarde wie beispielsweise Edward Gordon Craig die Puppe aufgrund ihrer Kontrollierbarkeit als Schauspielerersatz von Interesse war, rückt im zeitgenössischen, offen manipulierenden Figurentheater der Fokus auf die Konfrontation von menschlichen Darsteller_innen und Kunstkörpern. Der Beitrag möchte das evidente Interesse der zeitgenössischen Theaterpraxis an der figurentheaterspezifischen Spielweise der offenen Manipulation zum Ausgangspunkt nehmen, um deren Potenzial zur Fragmentierung, Collagierung und Hybridisierung von Körperkonstruktionen und Körperdarstellungen sowie die damit einhergehenden Fragen nach Subjekt- versus Objektstatus zu untersuchen. Abschliessend soll der Frage nachgegangen werden, welche tradierten schauspieltheoretischen Setzungen mit Blick auf die Möglichkeiten der offenen Manipulation als theatrale Praktik im Sprechtheater einer Revision unterzogen werden müssen.