1 resultado para MDS Codes

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Die Entstehung und Evolution des genetischen Codes, der die Nukleotidsequenz der mRNA in die Aminosäuresequenz der Proteine übersetzt, zählen zu den größten Rätseln der Biologie. Die ersten Organismen, die vor etwa 3,8 Milliarden Jahren auf der Erde auftraten, nutzten einen ursprünglichen genetischen Code, der vermutlich ausschließlich abiotisch verfügbare Aminosäuren terrestrischer oder extraterrestrischer Herkunft umfasste. Neue Aminosäuren wurden sukzessive biosynthetisiert und selektiv in den Code aufgenommen, welcher in der modernen Form aus bis zu 22 Aminosäuren besteht. Die Ursachen für die Selektion und die Chronologie ihrer Aufnahme sind bis heute unbekannt und sollten im Rahmen der vorliegenden Arbeit erforscht werden. Auf Grundlage quanten-chemischer Berechnungen konnte in dieser Arbeit zunächst ein Zusammenhang zwischen der HOMO-LUMO-Energiedifferenz (H-L-Distanz), die ein inverses quanten-chemisches Korrelat für allgemeine chemische Reaktivität darstellt, und der chronologischen Aufnahme der Aminosäuren in den genetischen Code aufgezeigt werden. Demnach sind ursprüngliche Aminosäuren durch große H-L-Distanzen und neue Aminosäuren durch kleine H-L-Distanzen gekennzeichnet. Bei einer Analyse des Metabolismus von Tyrosin und Tryptophan, bei denen es sich um die beiden jüngsten Standard-Aminosäuren handelt, wurde ihre Bedeutung als Vorläufer von Strukturen ersichtlich, die sich durch eine hohe Redox-Aktivität auszeichnen und deren Synthese gleichzeitig molekularen Sauerstoff erfordert. Aus diesem Grund wurden die Redox-Aktivitäten der 20 Standard-Aminosäuren gegenüber Peroxylradikalen und weiteren Radikalen getestet. Die Untersuchungen ergaben eine Korrelation zwischen evolutionärem Auftreten und chemischer Reaktivität der jeweiligen Aminosäure, die sich insbesondere in der effizienten Reaktion zwischen Tryptophan bzw. Tyrosin und Peroxylradikalen widerspiegelte. Dies indizierte eine potentielle Bedeutung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) bei der Konstituierung des genetischen Codes. Signifikante Mengen an ROS wurden erst zu Beginn der Oxygenierung der Geobiosphäre, die als Great Oxidation Event (GOE) bezeichnet wird und vor circa 2,3 Milliarden Jahren begann, gebildet und müssen zur oxidativen Schädigung vulnerabler, zellulärer Strukturen geführt haben. Aus diesem Grund wurde das antioxidative Potential von Aminosäuren beim Prozess der Lipidperoxidation untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass lipophile Derivate von Tryptophan und Tyrosin befähigt sind, die Peroxidation von Rattenhirnmembranen zu verhindern und humane Fibroblasten vor oxidativem Zelltod zu schützen. Daraus gründete sich das in dieser Arbeit aufgestellte Postulat eines Selektionsvorteils primordialer Organismen während des GOEs, die Tryptophan und Tyrosin als redox-aktive Aminosäuren in Membranproteine einbauen konnten und somit vor Oxidationsprozessen geschützt waren. Demzufolge wurde die biochemische Reaktivität als Selektionsparameter sowie oxidativer Stress als prägender Faktor der Evolution des genetischen Codes identifiziert.