3 resultados para bk: Biographien

em Universitätsbibliothek Kassel, Universität Kassel, Germany


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Die Dissertation beschäftigt sich aus interdisziplinärer (musikwissenschaftlicher, literaturwissenschaftlicher und theologischer) Sicht mit den Biographien Brechts und Weills und ihrem bekanntesten gemeinsamen Werk, der Dreigroschenoper. Im ersten Teil werden anhand von Selbstäußerungen in Briefen und Tagebüchern die Biographien beider Künstler mit Blick auf Spuren von religiöser Biographie, Frömmigkeit und argumentativer Auseinandersetzung mit ihrer jeweiligen Heimatreligion – für Brecht das Christentum und für Weill das Judentum – untersucht. Die in der Forschung pauschal gehaltene These von einer intensiven religiösen Sozialisation beider Künstler ist zwar gerechtfertigt und vor allem für Brecht bekannt, stellt aber nur einen Ausgangspunkt für differenziertere Untersuchungen dar. Dazu gehört es religiöse Existenz als bedeutenden und künstlerisch wirksamen Bestandteil von Persönlichkeitsentwicklung zu verstehen. Religiöse Existenz darf nicht, wie es fast durchgängig in der Forschung zu Brecht und Weill geschieht, auf eine affirmative Grundhaltung begrenzt werden, auch dürfen nicht christliche und jüdische Sozialisation gleichgesetzt werden. Daher sind auch die in der Arbeit gewonnenen exemplarischen Einblicke in Glaubensvorstellungen und Lebenspraxis von Juden und Christen im ausgehenden Kaiserreich und in der Weimarer Republik von besonderer Bedeutung. Auch reicht die bloße Feststellung einer intensiven religiösen Sozialisation nicht aus um wirklich zu beschreiben, was sie jeweils – etwa die Schabbatpraxis im Hause Weill oder Brechts Zweifel am Christentum während der Krankheit seines Vaters – bedeuten und bewirken kann. Mit der in der Dissertation vorgenommenen differenzierten Sichtung von Biographie wird weder die „Moderation“ der eigenen Biographie durch die Künstler außer Acht gelassen noch das künstlerische Werk der Biographie untergeordnet. Es wird vielmehr in der Verknüpfung der mehrdimensionalen Bezugssysteme das geschichtliche und damit auch das biographische Werden eines Werkes gleichzeitig als Charakteristikum seiner Ästhetik verstanden. Für die religiöse Dimension der Dreigroschenoper gilt ähnliches wie für die Sicht auf die religiösen Sozialisationen. Einige der offensichtlichen Anspielungen auf religiöse Kontexte gelten als bekannt. Dabei werden aber Tiefendimensionen und Ambivalenzen vernachlässigt, welche bei der Verwendung der zumeist biblischen Spuren mitschwingen und die auch für die Künstler mitschwingen konnten (Buch Rut, Passion Jesu etc.). An diesem Punkt setzt die Untersuchung im zweiten Teil der Arbeit ein, welche die versteckten, verdeckten oder nur oberflächlich untersuchten Spuren religiöser Konnotation in der Dreigroschenoper ermittelt und wieder verständlich macht. Brecht war nicht Theologe und schon gar nicht Exeget war, er war aber als Literat und als christlich sozialisierter Künstler in der Lage, kontextuelle Zusammenhänge, innerbiblische Verweise und Leerstellen biblischer Texte zu erkennen. Daher ist es für die Interpretation der Dreigroschenoper auch wesentlich, biblische Hintergründe und ausgewählte theologische Erkenntnisse heranzuziehen. Durch den Rückgriff auf Biblisches und damit auf jüdische und christliche Tradition wird nicht nur die Komplexität der Dreigroschenoper verdeutlicht, sondern gleichsam rückwirkend die Komplexität biblischer Theologie sichtbar. Der Komponist darf bei diesem künstlerischen Verarbeitungsprozess religiöser Kontexte nicht verdrängt werden. Die Frage nach religiös semantisierbarer Musik ist trotz aller Schwierigkeiten notwendig. Der Blick auf Weills Biographie, sein Aufwachsen im Hause eines jüdischen Kantors, seine Kenntnis der Synagogalmusik, seine künstlerische Verbundenheit mit Gustav Mahler, seine Kenntnis von Orgelmusik, Chorälen und den bachschen Passion und seine Selbstreflexion über sich als Künstler, der Jude war, fordert in dieser Hinsicht eine differenzierte und funktionale Sicht auf religiöse Semantik in der Musik. In der Dreigroschenoper spiegeln sich Säkularisierungsprozesse wider, doch bleibt trotz dieser Prozesse ein Bewusstsein für die religiösen Traditions- und Erklärungsmuster erhalten. Dieses gilt es wieder zu erschließen, da es untrennbar zum Werk, zur Werkästhetik und damit zu seinem Verständnis gehört. Die Dreigroschenoper verdeutlicht darüber hinaus, dass die religiöse Dimension noch in der Distanzierung bedeutsam bleibt. Auch daran wird erkennbar, wie sehr eine Gesellschaft von Voraussetzungen lebt, die sie nicht selbst hergestellt hat. Die Dreigroschenoper kann somit heute auch zu einem Lehrstück für kulturelle Codes werden.

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Die vorliegende Arbeit wird aufzeigen, wie sich die Flucht auf das Leben eines verfolgten Kindes auswirken kann. Dazu soll das Leben vor, während und nach der Flucht anhand von fünf Autobiographien untersucht werden. Die Autobiographien beinhalten die Lebenserinnerungen von Juden, die das Dritte Reich als Kinder und Jugendliche erlebten. Die zu untersuchenden Texte stammen von den in Wien geborenen Autoren Ruth Klüger (‚weiter leben‘) und Egon Schwarz (‚keine Zeit für Eichendorff‘) und den in Berlin geborenen Autoren Ludwig Greve (‚Wo gehörte ich hin? Geschichte einer Jugend‘), George Wyland-Herzfelde (‚Glück gehabt‘) und Hellmut Stern (‚Saitensprünge‘). Alle Autoren mussten ihrer Heimat im Zeitraum von 1935 bis 1942 entfliehen um ihr Leben vor den angeordneten Brutalitäten des nationalsozialistischen Regimes zu retten. Mit vielen Jahren zeitlichem Abstand schrieben die Autoren ihre Lebenserinnerungen nieder. Sie blickten auf ihr Leben vor der Verfolgung zurück und berichten von ihrem ‚neuen‘ Leben danach. Die Wege, die die Autoren während der Flucht einschlugen, könnten unterschiedlicher nicht sein. Und doch eint sie eines: Das rastloses Leben während der Flucht und das Bedürfnis ihre erlebte Geschichte mit anderen Menschen zu teilen. Da sich die vorliegende Arbeit mit der Analyse von autobiographischen Dokumenten beschäftigt, ist es zunächst sinnvoll sich einen Überblick über das Material und den Forschungsbereich zu verschaffen, in dem diese anzusiedeln ist. Der Ausgangspunkt der folgenden Untersuchung lässt sich im Bereich der Erziehungswissenschaftlichen Biographieforschung finden. Daher soll zunächst erläutert werden, was generell unter den Begriffen ‚Biographie‘ und ‚Autobiographie‘ zu verstehen ist. Dies ist für das Verständnis um die Beschaffenheit des analysierten Materials von entscheidender Bedeutung, denn jeder Mensch ist im Grunde ein Experte der Autobiographieforschung. Was es mit dieser gewagten Vermutung auf sich hat, wird sich im Verlauf dieses Kapitels klären. In einem zweiten Schritt soll dann das Erkenntnisinteresse Erziehungswissenschaftlichen Biographieforschung näher erläutert werden. Da jede autobiographische Äußerung aufgrund von Lebenserfahrungen getätigt wird, soll der Frage nachgegangen werden, was Lebenserfahrungen eigentlich genau sind und warum Lebenserfahrungen von besonderem Interesse für die Biographieforschung sind. Dem allgemeinen Erkenntnisinteresse schließt sich nun das spezielle, auf den konkreten Fall dieser Arbeit bezogene Erkenntnisinteresse an, nämlich die ausgewählten Autobiographien auf ihren biographischen Wendepunkt, eine besondere Form der Lebenserfahrung also, hin zu untersuchen. In diesem Fall ist es selbstverständlich sich erst einmal darüber klar zu werden um was genau es sich bei einem biographischen Wendepunkt eigentlich handelt. Wenn man sich intensiver mit einem bestimmten wissenschaftlichen Forschungsfeld beschäftigt, so ist es unerlässlich sich auch mit dem Zustandekommen und der Entwicklung dieses Forschungsfeldes zu beschäftigen. Demzufolge sollen im vierten Teil der Arbeit einige Informationen zur Geschichte der Erziehungswissenschaftlichen Biographieforschung zusammengetragen werden. Die Beschäftigung mit durchgeführten Studien kann Aufschluss darüber geben, welche Felder im Bereich der Biographieforschung bereits untersucht wurden und welche Erkenntnisse von großer Bedeutung für die Erziehungswissenschaft waren und noch bis heute sind. Thematisch schließt sich dem zeitlichen Abriss der Geschichte ein kurzer Überblick über die aktuelle Forschungssituation an, in dem einige bedeutende Arbeiten kurz inhaltlich vorgestellt werden. Die Betrachtung aktueller Forschungsstände gibt Aufschluss über die gegenwärtigen Forschungsschwerpunkte der Biographieforschung, aber auch eine Übersicht über die gegenwärtig populärsten Techniken der Beschäftigung mit Biographien. Obwohl es sich bei der Erziehungswissenschaftlichen Biographieforschung um ein relativ junges Forschungsgebiet handelt, haben sich im Laufe der Jahre dennoch unterschiedliche Formen der Datenerhebung und Datenanalyse entwickelt. Die verschiedenen Möglichkeiten des Forschers sich Daten zu nähren und diese zu interpretieren sollen in zwei separaten Teilen dieser Arbeit erläutert werden. Diese beiden Teile sollen einen Überblick darüber geben, wie vielseitig der Umgang mit biographischen Materialien aussehen kann. Der erste der beiden Teile beschäftigt sich zunächst mit der Frage, wie der Forscher eigentlich an biographisches Material gelangt, welches er später auswerten wird. Im Forschungsbereich der Erziehungswissenschaftlichen Biographieforschung lassen sich drei große Bereiche der Datenerhebung unterscheiden, die sich nach dem Zustandekommen des Ausgangsmaterials richten. Dies sind die Dokumentanalyse, die Durchführung von Interviews und die teilnehmende Beobachtung. Alle drei Formen gilt es an dieser Stelle kurz zu erläutern. Bevor die Autobiographien nun auf ihren biographischen Wendepunkt hin untersucht werden können, ist es zunächst nötig zu beschreiben, in welcher Form die Autobiographien denn analysiert und interpretiert werden sollen. Die Interpretation der Autobiographien orientiert sich am Vorgehen der objektiven Hermeneutik, die in seinen Grundprinzipien vorgestellt und in Anbetracht des vorhandenen Ausgangsmaterials leicht abgewandelt gebraucht werden soll. Der nächste Schritt ist nun die Beschäftigung mit den Autobiographien selbst. Zunächst sollen diese in Kürze inhaltlich zusammengefasst werden um einen Überblick über den beschriebenen Handlungsverlauf zu gewährleisten. Desweiteren lassen sich im Anhang dieser Arbeit tabellarische Lebensläufe mit den wichtigsten Informationen zu jedem der Autoren finden. Nun sollen die Lebensbedingungen der Autoren vor der Flucht, während der Flucht und nach der Flucht untersucht werden. Jenen Äußerungen des Autors, die sich konkret auf die Fluchtvorbereitungen beziehen, wird besondere Aufmerksamkeit zuteil. Ebenso verhält es sich auch mit Ausführungen des Autors, die die Verarbeitung des Fluchterlebnisses thematisieren. Die Analyse der Autobiographien soll so nah wie möglich am Text erfolgen. Um die zitierten autobiographischen Äußerungen dennoch auch vor dem historischen Hintergrund wahrnehmen zu können, werden zusätzliche, die historischen Umstände erläuternde, Materialien mit in die Interpretation einbezogen. Nachdem zu jeder Autobiographie die wichtigsten Erfahrungen vor, während und nach der Flucht beschrieben und interpretiert wurden, wird ein Vergleich der Autobiographien anschließen. Der Vergleich soll anhand von zuvor festgelegten thematischen Feldern erfolgen. Die Flucht war für jeden der Autoren mit individuellen Veränderungen in Bezug auf ihr späteres Leben verbunden. Obwohl die Autobiographien auf den ersten Blick äußerst unterschiedlich erscheinen, lassen sich einige Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede bezüglich der Erlebnisse vor, während und nach der Flucht finden, die es im Laufe des Vergleiches herauszuarbeiten gilt. Abschließend soll die Frage beantwortet werden, ob sich die Fluchterfahrungen der Autoren zu einer Gesamterfahrung zusammenfassen lassen, die alle teilen.