122 resultados para Freie Schule
em Universitätsbibliothek Kassel, Universität Kassel, Germany
Resumo:
Gerade männliche Jugendliche nutzen in ihrer Pubertät und Adoleszenz zu einer gelingenden Gestaltung ihres Alltags und zur Ausbildung ihrer Identität zahlreiche Erscheinungsformen des Fantasy-Rollenspielens. In einem Prozess von Aneignung und Entäußerung integrieren dabei die Jugendlichen das überaus reiche multimediale Angebot, welches die Spiele bieten, in ihre Alltagsgestaltung, indem sie sich daraus spezifische Medien-, Text- und Ereignisarrangements bauen. Diese dienen einerseits der sozialen Integration und Distinktion, andererseits der Präsentation ihrer Identitätsentwürfe sich und anderen. Die Jugendlichen schaffen sich mittels dieser spezifischen Medien-, Text- und Ereignisarrangements eine in weiten Teilen von ihnen selbst bestimmte Welt, in der sie ihre Phantasie wie Kreativität mit großer Intensität, ja Obsession, innerhalb integrativer und solidarischer Interaktionsformen selbststeuernd und professionell ausleben. Diese Medien-, Text- und Ereignisarrangements zeigen Angebots- und Nutzungsformen, die sich nach einem medienkommunikativen Aneignungs- und Entäußerungsmodell in der Tradition der Cultural Studies (Stuart Hall) beschreiben lassen. Die Langzeitbeobachtung der Jugendlichen zeigt, dass sie alltagspragmatische Kulturtechniken zur selbstbestimmten Gestaltung von Alltag entwickeln: zunächst eine Strukturierung ihrer kognitiven, affektiven und pragmatischen Interaktion nach Kriterien erfolgreicher intrinsischer Interaktion, mit dem Ziel derer Perpetuierung im Flow-Erleben (Mihalyi Csikszentmihalyi), dann eine Ästhetisierung von Alltagswirklichkeit mittels kollektiver Fiktionalisierung in der Tradition des Collective Story Telling (Janet H. Murray). Diese Kulturtechniken stellen vor dem Hintergrund der Enkodierung und Dekodierung sozialer Codes spezifische Adaptionen von Prozessen der Bedeutungszuweisung und Subjekt- bzw. Identitätskonstitution dar. Die sie evozierenden und mit ihnen korrespondierenden handlungsleitenden Themen der Jugendlichen sind der Wunsch nach Rekonstitution von Gesamtheit in einer sich fragmentarisierenden Wirklichkeit, die Affirmation von Selbstbestimmung- und Autonomieerfahrungen, das Erleben von Reintegration und Solidarität für das sich dissoziiert erfahrende Individuum. Das Handeln der Jugendlichen basiert damit auf dem momentan dominanten Prozess einer Individualisierung von Lebenswelt unter den Bedingungen von Reflexivität und Erlebnisrationalität in der postmodernen Gesellschaft. Mit ihren Versuchen selbstbestimmter Gestaltung folgen sie dem aktuellen gesellschaftlichen Auftrag einer weitgehend in eigener Regie vorzunehmenden Lokalisierung dieses Prozesses. Zunehmend tritt diese von den Jugendlichen selbstgesteuerte Sozialisation neben die traditionell heteronome Sozialisation von gesellschaftlichen Instituten wie etwa die von Schule. Damit wird das Handeln der Jugendlichen zu einer Herausforderung an Pädagogik und Schule. Schule muss, wenn sie ihrem eigentlichen Auftrag von Förderung gerecht werden will, eine Sensibilität für diese Eigenständigkeit von Jugendlichen entwickeln und in der Beobachtung ihres Handelns didaktische Innovationen für Lehren und Lernen entwickeln. Im Mittelpunkt steht dabei die Wiederentdeckung des pädagogischen Dialogs, besonders aber die Entwicklung einer individualisierten Lernkultur und die Förderung jugendlicher Gestaltungskompetenzen, welche von deren alltagsästhetischen Erfahrungen und Kompetenzen im Umgang mit multimedialen Kulturprodukten ausgeht. Schule kann und muss für diese Prozesse selbstgesteuerten Lernens angemessene pädagogische Räume bereitstellen, in denen die Jugendlichen innerhalb eines geschützten Kontextes in der Auseinandersetzung mit eigenen wie fremden Entwürfen ihre Identität entwickeln können.
Resumo:
In der professionsgeschichtlichen Studie ‘Metaphern und Metamorphosen der Landschaft’ wird die Funktion von Leitbildern in der Landespflege erörtert. Leitbilder sind auf fast allen gesellschaftlichen Feldern verbreitet, sowohl im täglichen Leben als auch in der Werbung und im Wissenschaftsbetrieb. Sie gehören auch zum Grundbestand der Landespflege. // In dieser Studie wird analysiert, wie Leitbilder in der Landespflege eingesetzt werden und welche Aufgabe sie erfüllen. Ausgehend von der These, dass die Landespflege für Leitbilder besonders empfänglich ist, weil ihr professionelles Idol ‘Landschaft’ sie dafür disponiert, wird die Genese des modernen Landschaftsbegriffs dargelegt und dabei herausgearbeitet, dass die Metapher Landschaft sowohl ästhetische als auch normative Implikationen enthält, die in der Landespflege als ‘gegenständliche Eigenart’ einer Landschaft aufgefasst werden. Insofern ist Landschaft eine ideologische Formation. Anschließend wird die professionelle Gestalt und Praxis der Landespflege idealtypisch beschrieben und auf die ‘absolute Metapher’ Landschaft bezogen, wobei gezeigt werden kann, dass im Diskurs der Landespflege die entworfenen Leitbilder an die Landschaft anschlussfähig sind. In der Gestaltung von Leitbildern erweist sich die Landespflege als Kulturindustrie. // Die Funktionsweise von Leitbildern und die Leitbildnerei im Allgemeinen werden von einem semiotischen Ansatz her analysiert, der um eine gesellschaftstheoretisch basierte Ideologiekritik ergänzt wird. Leitbilder werden in Reklame und Propaganda eingesetzt, wo sie Gegenstände bzw. Themen, die in eine pragmatische oder politische Debatte eingebunden sind, zuerst ästhetisieren und dann Normen über eingängige Images, Klischees und Phrasen verdinglichen. Insofern erfüllen Leitbilder eine ideologische Aufgabe. Landschaft und Leitbild entsprechen sich im landespflegerischen Diskurs als ideologische Formationen. // Anhand des Leitbildes ‘Nachhaltigkeit’ wird exemplarisch gezeigt, wie Leitbilder in der Landespflege entworfen und eingesetzt werden. ‘Nachhaltigkeit’ ist das wichtigste Leitbild der Landespflege, das in der Professionsgeschichte unter verschiedenen Vorzeichen wiederholt auftritt und z.B. als ‘nachhaltige Entwicklung’ seit den 1990er Jahren durch politische Debatten und auch durch den landespflegerischen Diskurs geistert. Geschichtlich retrospektiv werden die Leitbilder ‘nachhaltige Entwicklung’, ‘nachhaltige Umweltsicherung’, ‘nachhaltiger Ressourcenschutz’ und ‘nachhaltige Fruchtbarkeit’ innerhalb des landespflegerischen Diskurses rekonstruiert. Durch diese Rekonstruktion kann gezeigt werden, dass den Leitbildern der Nachhaltigkeit die Funktion zugrunde liegt, den Zugriff auf ‘freie Güter’ zu monopolisieren sowie zu privatisieren und den autonomen Gebrauch der lokalen Produktionsmittel sowie die Subsistenzwirtschaft zu zerstören. Diese Ausrichtung der Landespflege auf Herrschaft und Industrialisierung kann sowohl an der Entstehungsgeschichte der Landespflege (im Landschaftspark) als auch im Ursprungstext der Nachhaltigkeit (zur Forstwirtschaft) nachgewiesen werden. // Abschließend wird ein Ausblick auf eine Landschaftsplanung gegeben, die nicht an der ästhetisch-normativen Idee Landschaft, sondern am Freiraum als sozial-räumliches Handlungsfeld im Alltag der Menschen orientiert ist.
Resumo:
Der vorliegenden Aufsatz handelt von einem frühen Beispiel schulischer und unterrichtlicher Evaluation. Im Zuge der Modernisierung des kurhessischen Schulwesens nach 1832 wurde auch das Kasseler Gymnasium einer gründlichen Inspektion unterzogen, die wenig erfreuliche Zustände zutage brachte. In der Folge kam es zu einer Reorganisation der Schule und der Berufung eines neuen Schulleiters, dessen Dienstordnung ihn zur halbjährlichen Berichterstattung über "Zustand und Wirksamkeit" seines Gymnasiums verpflichtete. Wie er das Bildungsgeschehen an seiner Schule evaluiert hat und wie sich seine diesbezüglichen Interventionen gestalteten wird am Beispiel des neu eingeführten Unterrichtsfaches 'Gesang' rekonstruiert.