9 resultados para Frankfurter gelehrte Anzeigen.
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Resumo:
Im Dezember 1997 veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung den als Rechtsgutachten abgefassten Beitrag des Heidelberger Juristen Friedrich-Christian Schoeder (Schroeder 1997). Die Frage, die Autor und Zeitung eher spielerisch als aus konkretem Anlass umtrieb, galt dem rechtlichen Status eines Menschen, dessen Kopf auf den Körper eines anderen Menschen transplantiert wurde. Medizinisch waren und sind solche Eingriffe noch nicht durchführbar, aber immerhin schienen sie für den Autor und die Zeitung eine Aktualität zu besitzen. Auch bei folgenden Auseinandersetzungen, die in den Medien um die Konsequenzen der medizinisch-technischen Entwicklung geführt wurden, geraten Bewusstsein, Subjektivität und Körper zum statischem Abbild des Gegenwärtigen, sie werden nicht als Substrat historischer Prozesse begriffen. Ohne den Begriff der Vergangenheit plaudern sich eine Vielzahl Autoren durch die Zukunft. In dieser muss auch der auf einen fremden Körper übertragene Kopf als Rechtssubjekt verwaltet werden. Aber wie verändert sich der Mensch, durch eine medizinische Maßnahme vervollständigt, die dauerhaft seine Körpergrenze verschiebt? Die Transplantationsmedizin ist bei der Auseinandersetzung um Subjektivität nicht nur dann von besonderem Interesse, wenn ein Kopf auf, sondern auch, wenn ein gespendetes Organ in einen fremden Körper verpflanzt wird. Die Trennung von Fremd und Eigen, Außen und Innen ist eng mit dem Zivilisationsprozess und der Subjektwerdung verbunden. Was körperlich durch medizinische Maßnahmen verschoben wird, die Grenze zwischen Außen und Innen, ist die Bedingung der Möglichkeit von Subjektivität. Der Titel dieser Arbeit, Der Prothesengott, verweist auf die individuellen und zivilisatorischen Leistungen, die vollbracht werden mussten, um mit Fug und Recht „Ich“ sagen zu können. Der Begriff Prothesengott ist der Freudschen Schrift Das Unbehagen in der Kultur entnommen. Freud schreibt dort vom Ideal des Prothesengottes und das erste Kapitel der hier vorgelegten Arbeit ist der Entfaltung dieses Ideals gewidmet. Dieses Begriffspaar hat mehr Bedeutungsnuancen, als Freud an Ort und Stelle entwickelte. Es umfasst die Bedeutung von Mythos und Gott als Prothesen, als Ideale, die den Menschen vervollständigten. Aber auch die Bedeutung von Theorien, Ideen, schlicht Idealen als Prothesen Gottes ist angesprochen, und damit der Versuch, den Verlust Gottes auszugleichen. Und zu guter Letzt benennt es das Ideal eines Gottes durch Prothesen, die Apotheose, wie Freud sie meinte: Als Vergötzung der Prothesen, mit denen der Mensch sich vervollständigt, um sich nach dem Tod Gottes selber ein Versprechen auf Erlösung sein zu können. Mit dieser Entfaltung soll die Zivilisation wie die individuelle Entwicklung als ein Prozess rekonstruiert werden, in dem Subjektivität gleichzeitig hervorgebracht und beschädigt wird. Diese Dialektik von Zivilisation und Barbarisierung findet ihren vorläufigen Höhepunkt im Fortschreiten der technischen Mittel unserer Zeit. Zur empirischen Fassung der historisch vorfindlichen Subjektivität wurden Patienten der Transplantationseinheit der Universität Leipzig gebeten, in den ersten drei Monaten nach der Operation Tagebücher auszufüllen. Diese Tagebücher wurden mit statistischen und hermeneutischen Methoden ausgewertet. Die Transplantationserfahrung offenbart sich in den Tagebüchern zwar als besondere, aber in eine Vielzahl von Techniken der Körpergestaltung eingebettete Maßnahme. Neben einer kritischen Würdigung des methodischen Vorgehens wird im fünften Kapitel die Transplantationserfahrung in den Kontext anderer Forschungsergebnisse zur Gestaltung des Körpers gestellt. Deren kritische Diskussion und die Transplantationserfahrungen bieten einen Ausblick darauf, was Eingedenken der Natur im Subjekt heute bedeuten kann.
Resumo:
In der psycholinguistischen Forschung ist die Annahme weitverbreitet, dass die Bewertung von Informationen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes oder ihrer Plausibilität (epistemische Validierung; Richter, Schroeder & Wöhrmann, 2009) ein strategischer, optionaler und dem Verstehen nachgeschalteter Prozess ist (z.B. Gilbert, 1991; Gilbert, Krull & Malone, 1990; Gilbert, Tafarodi & Malone, 1993; Herbert & Kübler, 2011). Eine zunehmende Anzahl an Studien stellt dieses Zwei-Stufen-Modell von Verstehen und Validieren jedoch direkt oder indirekt in Frage. Insbesondere Befunde zu Stroop-artigen Stimulus-Antwort-Kompatibilitätseffekten, die auftreten, wenn positive und negative Antworten orthogonal zum aufgaben-irrelevanten Wahrheitsgehalt von Sätzen abgegeben werden müssen (z.B. eine positive Antwort nach dem Lesen eines falschen Satzes oder eine negative Antwort nach dem Lesen eines wahren Satzes; epistemischer Stroop-Effekt, Richter et al., 2009), sprechen dafür, dass Leser/innen schon beim Verstehen eine nicht-strategische Überprüfung der Validität von Informationen vornehmen. Ausgehend von diesen Befunden war das Ziel dieser Dissertation eine weiterführende Überprüfung der Annahme, dass Verstehen einen nicht-strategischen, routinisierten, wissensbasierten Validierungsprozesses (epistemisches Monitoring; Richter et al., 2009) beinhaltet. Zu diesem Zweck wurden drei empirische Studien mit unterschiedlichen Schwerpunkten durchgeführt. Studie 1 diente der Untersuchung der Fragestellung, ob sich Belege für epistemisches Monitoring auch bei Informationen finden lassen, die nicht eindeutig wahr oder falsch, sondern lediglich mehr oder weniger plausibel sind. Mithilfe des epistemischen Stroop-Paradigmas von Richter et al. (2009) konnte ein Kompatibilitätseffekt von aufgaben-irrelevanter Plausibilität auf die Latenzen positiver und negativer Antworten in zwei unterschiedlichen experimentellen Aufgaben nachgewiesen werden, welcher dafür spricht, dass epistemisches Monitoring auch graduelle Unterschiede in der Übereinstimmung von Informationen mit dem Weltwissen berücksichtigt. Darüber hinaus belegen die Ergebnisse, dass der epistemische Stroop-Effekt tatsächlich auf Plausibilität und nicht etwa auf der unterschiedlichen Vorhersagbarkeit von plausiblen und unplausiblen Informationen beruht. Das Ziel von Studie 2 war die Prüfung der Hypothese, dass epistemisches Monitoring keinen evaluativen Mindset erfordert. Im Gegensatz zu den Befunden anderer Autoren (Wiswede, Koranyi, Müller, Langner, & Rothermund, 2013) zeigte sich in dieser Studie ein Kompatibilitätseffekt des aufgaben-irrelevanten Wahrheitsgehaltes auf die Antwortlatenzen in einer vollständig nicht-evaluativen Aufgabe. Die Ergebnisse legen nahe, dass epistemisches Monitoring nicht von einem evaluativen Mindset, möglicherweise aber von der Tiefe der Verarbeitung abhängig ist. Studie 3 beleuchtete das Verhältnis von Verstehen und Validieren anhand einer Untersuchung der Online-Effekte von Plausibilität und Vorhersagbarkeit auf Augenbewegungen beim Lesen kurzer Texte. Zusätzlich wurde die potentielle Modulierung dieser Effeke durch epistemische Marker, die die Sicherheit von Informationen anzeigen (z.B. sicherlich oder vielleicht), untersucht. Entsprechend der Annahme eines schnellen und nicht-strategischen epistemischen Monitoring-Prozesses zeigten sich interaktive Effekte von Plausibilität und dem Vorhandensein epistemischer Marker auf Indikatoren früher Verstehensprozesse. Dies spricht dafür, dass die kommunizierte Sicherheit von Informationen durch den Monitoring-Prozess berücksichtigt wird. Insgesamt sprechen die Befunde gegen eine Konzeptualisierung von Verstehen und Validieren als nicht-überlappenden Stufen der Informationsverarbeitung. Vielmehr scheint eine Bewertung des Wahrheitsgehalts oder der Plausibilität basierend auf dem Weltwissen – zumindest in gewissem Ausmaß – eine obligatorische und nicht-strategische Komponente des Sprachverstehens zu sein. Die Bedeutung der Befunde für aktuelle Modelle des Sprachverstehens und Empfehlungen für die weiterführende Forschung zum Vehältnis von Verstehen und Validieren werden aufgezeigt.
Resumo:
Wer schon einmal für kurze Zeit spielenden Kindern zugeschaut hat, mag es als faszinierend empfunden haben, dass das gemeinsame Spiel manchmal „wie von selbst“ abzulaufen scheint. Durch eine intensive Auseinandersetzung mit dessen Theorie und gezielten Beobachtungen ist allerdings festzustellen, dass Spiel eigentlich gar kein „Kinderspiel“, sondern vielmehr eine komplexe Tätigkeit ist. Jedes Spiel weist eine in sich abgeschlossene eigene Wirklichkeit auf, welche sich von der äußeren allgemeingültigen Wirklichkeit abhebt (vgl. Bateson 2007, S. 198f; Oerter 1997, S. 117). Ein Spielrahmen ist vorhanden, der die Situation als Spiel definiert und dessen Grenzen festlegt (vgl. Goffman 1973, S. 74). Im gemeinsamen Spiel ist es deshalb notwendig, dass sich die Teilnehmer das situative Vorhandensein des spezifischen Rahmens und dessen Inhalt mit bestimmten Signalen anzeigen und ihre Auffassungen aufeinander abstimmen (vgl. Oerter 1997, S. 117). Die dafür verwendeten Mitteilungen sind metakommunikativ, d. h. sie geben Auskunft darüber, wie die Kommunikation selbst im Folgenden zu verstehen ist, nämlich immer vor dem Hintergrund, dass „nur gespielt wird“. Erst dadurch können die Mitspieler das Verhalten der anderen als gespielt oder echt einordnen, sodass Missverständnisse vermieden werden (vgl. Bateson 2007, S. 193ff, 206; Oerter 1997, S. 117). Es ist erstaunlich, wie dies Kindern teilweise nur mit wenigen Worten, Gesten oder Handlungen gelingt. Der obige Ausschnitt aus einem Beobachtungsprotokoll zum Spiel von zwei Grundschülern in der großen Pause zeigt, dass nicht nur für Außenstehende, sondern mitunter auch für die Kinder selbst, nicht immer eindeutig oder bewusst ist, wie dieser Vorgang vonstattengeht. Justus und Raphael stimmen zwar darin überein, dass sie gemeinsam ein Spiel gespielt haben, können dieses aber weder benennen, noch beschreiben. Trotzdem scheinen sie beide die gleiche Vorstellung vom Spielablauf und dessen Inhalt gehabt bzw. das Spiel gleichermaßen gerahmt zu haben und zu einer Übereinkunft diesbezüglich gekommen zu sein. Ebenso wie die große Pause zur Schule gehört, gehört zur großen Pause wiederum - zumindest in der Grundschule - das Spiel. Damit ist das Pausenspiel i. d. R. ein fester Bestandteil des Schulalltags eines Grundschülers. Wie bereits angedeutet, leisten die Kinder sogar dabei etwas, nämlich die gemeinsame Bildung und Erhaltung eines gemeinsamen Spielrahmens durch Interaktion. In dieser Arbeit wird deshalb der folgenden Frage nachgegangen: Wie stellen Grundschulkinder in der großen Pause einen gemeinsamen Spielrahmen her und wie erhalten sie diesen aufrecht? Die Beschäftigung mit dieser Frage ist insbesondere für (zukünftige) Lehrpersonen lohnenswert, denn sie kann den Blick auf das Pausenspiel ggf. insofern verändern, dass es mehr wertgeschätzt wird. Ziel dieser Arbeit ist es, Aussagen zu der den Spielrahmen betreffenden Praxis von Grundschulkindern in der großen Pause herauszubilden. Dazu werden zunächst das Spiel und dessen Rahmen theoretisch abgehandelt. Vor diesem Hintergrund soll die Frage weiterführend mit Hilfe von Szenen zur praktischen Umsetzung gemeinsamer Spiele, die im Rahmen einer empirischen Untersuchung im Feld tatsächlich beobachtet und dokumentiert wurden, beantwortet werden. Es wird also nicht das Ziel verfolgt, eine eigenständige Theorie aus den Daten abzuleiten, vielmehr soll die bestehende Theorie mit realen, authentischen Beispielen aus dem Pausenalltag von Grundschülern unterlegt und ergänzt werden.