Christoph Graupners Musik zu zeremoniellen Anlässen am Hof der Landgrafen zu Hessen-Darmstadt


Autoria(s): Sorg, Beate Dorothea Friederike
Data(s)

2014

Resumo

Die politische Rolle der Hofmusik in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist im Kontext der repräsentativen Machtmittel innerhalb des höfischen Kräftefeldes verortet. Die höfischen Zeremonielle bildeten nicht nur den Aufführungsrahmen, sondern legten sämtliche Determinanten für die musikalischen Ereignisse fest. Zu den Aufgaben der Hofkapellmeister im kleinen, aber innerhalb des Reiches nicht ganz unbedeutenden und durchaus paradigmatisch stehenden Fürstentum Hessen-Darmstadt gehörten die musikalischen Umrahmungen der fürstlichen Hochzeiten, Trauerfälle, Geburtstage sowie politischer und kirchenpolitischer Anlässe. Christoph Graupner wirkte hier als Hofkapellmeister zwischen 1709 und 1760; bis zu seiner Erblindung im Jahr 1754 schuf er ein umfangreiches Werk, das die Verhältnisse dieser Landgrafschaft in signifikanter Weise spiegelt. Graupners Musiken zu den Festen der Landgrafen umfassten immer Kirchenkantaten für den Gottesdienst, daneben oft auch weltliche Musik zur Unterhaltung der Gäste. Obwohl die – damals hochmoderne und in der Entwicklung begriffenen – Gattung der Kantate bei weitem überwiegt, sind es auch Bühnenwerke, die diese Funktion erfüllten, aber lediglich im ersten Jahrzehnt von Graupners Dienstzeit in Darmstadt aufgeführt wurden. 83 panegyrische Werke (57 geistliche, 24 weltliche Kantaten, 2 Bühnenwerke) konnten als Zeremonialmusiken systemisch in ihrem Aufführungskontext analysiert werden. Dabei ergaben sich etliche neue Erkenntnisse wie Datierungen, Zuordnungen zu Anlässen, auch Funde von bisher als verschollen geltenden Textdrucken. Der Geheimrat Johann Jacob (von) Wieger konnte als mutmaßlicher Textdichter identifiziert werden. Insbesondere ist deutlich geworden, dass der Bedeutungsverlust höfischer Repräsentation am Ende der absolutistischen Epoche wie in anderen Residenzen auch in Darmstadt die Zeremonialmusik tangierte. Für Graupner blieb vor diesem Hintergrund einerseits die ungebrochene Unterordnung unter die hierarchischen Verhältnisse, was die Huldigung als Form der Pflichterfüllung einschloss. Andererseits jedoch zeigten sich latente Distanzierungsversuche: zum einen die Schaffung musikalischer Subtexte in gewissen panegyrischen Werken, zum anderen aber vor allem die Hinwendung zur Kirchenmusik und damit zu einer Religiosität, die nicht nur die Anmahnung der christlichen Tugenden ermöglichte, sondern auch mit dem “Schaffen zur Ehre Gottes” eine persönliche Rechtfertigung jenseits von allem tagespolitischen Geschehen bot.

In the first half of the 18th century, court music was one of the instruments of power

used within the system of courtly representation. The ceremonies not only formed the general set-up but provided all determining factors for any musical performance. In the small landgraviate of Hesse-Darmstadt, the hofkapellmeister had to furnish all family festivities, e.g. marriages, funerals, birthdays, als well as political or religious functions with musical framework. Between 1709 and 1760, Christoph Graupner was hofkapellmeister in Darmstadt, until his increasing blindness in 1754, he created a prolific oeuvre which can be seen as a mirror of the social circumstances in this residence. For the landgrave‘s ceremonies, Graupner used to write church cantatas for the mandatory service, plus often some secular music for entertainment. The genre of the cantata – new and highly fashionable at the time – dominates Graupner‘s oeuvre, but there are also operas, especially in the first decade of his service. 83 panegyrical works (57 spirital and 24 secular cantatas, 2 stage works) were analysed in their composital circumstances. New insights could be gained, like datings, assignments and classifications, also some textbooks, that had been considered lost could be identified. Councillor Johann Jacob (von) Wieger turned out to be probably one of the most important authors of textbooks. rnIt has become clear that court representation suffered decline at the end of the age of enlightenment, which affected the court music in Darmstadt as well as in other residences. For Graupner, it was inevitable to submit under the hierarchical structures, but there is also evidence that he tried to create a stand-off for himself in a latent way: on the one hand by writing musical subtexts that can be regarded as critical meaning, on the other hand by turning to church music and thereby to a religious claim of christian virtues, and by accomplishing his work to „the glory of God“, which meant a personal justification, superior of all worldly calamities.

Formato

application/pdf

Identificador

urn:nbn:de:hebis:77-40570

http://ubm.opus.hbz-nrw.de/volltexte/2015/4057/

Idioma(s)

ger

Publicador

07: Geschichts- und Kulturwissenschaften. 07: Geschichts- und Kulturwissenschaften

Direitos

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Palavras-Chave #Musikgeschichte #Residenzforschung #Geschichte 18. Jahrhundert #Hofmusik, Kantate #Musical history #residence study #history 18th century #court music #Music
Tipo

Thesis.Doctoral